Taxi-Landesverband zeigt Behörden Spielräume beim Mietwagen-Mindestentgelt

Im Auftrag des Landesverbandes Bayerischer Taxi- und Mietwagenunternehmen e.V. informierte PBefG-Kommentator Thomas Grätz Vertreterinnen und Vertreter von rund 40 bayerischen Genehmigungsbehörden.

Wenn im Umland zu viele Mietwagen-Konzessionen ausgegeben werden, kann dies als Indiz für eine problematische Situation gewertet werden, sagte PBefG-Kommentator Thomas Grätz. (Symbolfoto: Dietmar Fund)
Wenn im Umland zu viele Mietwagen-Konzessionen ausgegeben werden, kann dies als Indiz für eine problematische Situation gewertet werden, sagte PBefG-Kommentator Thomas Grätz. (Symbolfoto: Dietmar Fund)
Dietmar Fund

Genehmigungsbehörden können schon bei einer Gefährdung öffentlicher Verkehrsinteressen und nicht erst bei deren Beeinträchtigung einen Mindesttarif für Mietwagen einführen. Sie können das rechtssicher mit einer Allgemeinverfügung tun, die auf eine Bußgeldbewehrung nach Paragraf 61/Nr.4 hinweist. Sie sollte örtlichen Unternehmen direkt zugestellt werden und parallel dazu öffentlich bekanntgegeben werden, um Betriebe einzubeziehen, die außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde angesiedelt sind. Auf solche praktischen Ratschläge arbeitete Rechtsanwalt Thomas Grätz in einer Online-Schulung hin, die er am 8. September 2023 im Auftrag des Landesverbandes Bayerischer Taxi- und Mietwagenunternehmen e.V. für Vertreterinnen und Vertreter der Genehmigungsbehörden in Bayern gehalten hat.

Der als langjähriger Geschäftsführer des Taxi-Bundesverbandes BZP (heute: BVTM) bekannte Kommentator des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) leitete seine praktischen Empfehlungen aus der Analyse von fünf Rechtsgutachten zur Einführung von Mindestentgelten für Mietwagen ab, die das PBefG bekanntlich seit zwei Jahren ermöglicht. Sie wurden zwischen dem 6. Dezember 2022 und dem 18. Mai 2023 vorgelegt. Ihre Auftraggeber waren Uber, Bolt, der Bundesverband Taxi und Mietwagen e.V. (BVTM) sowie verschiedene Taxizentralen und Landesverbände.

Der Referent stimmte dem Argument zu, dass die Genehmigungsbehörden die Entwicklung des örtlichen Personenverkehrsmarktes analysieren und dokumentieren müssen, um so ihren Entscheidungsprozess und ihre Entscheidung nachvollziehbar zu begründen. Der Gesetzgeber verfolge zwar schon seit 1960 das Ziel, das Taxi als öffentliches Verkehrsmittel zu schützen, und dies sei obergerichtlich immer wieder abgesichert worden, aber dennoch dürfe eine Begünstigung des Taxigewerbes nicht als Begründung für ein Mietwagen-Mindestentgelt herangezogen werden. Ein gutes Argument sei aber, dass das „Zusammenspiel“ der Verkehrsträger zum Beispiel bei ÖPNV-Ergänzungsverkehren gefährdet wäre, wenn das Taxi-Gewerbe nicht mehr funktioniere.

Grätz ging vor allem auf die Höhe des Mindestentgelts ein, das sich am Taxitarif und dessen Grundstrukturen orientieren müsse. Seines Erachtens darf es nicht höher als der Taxitarif sein und ihn durchaus um 5 bis 10 Prozent unterschreiten, während eine Unterschreitung um beispielsweise 30 Prozent als Preisdumping zu werten sei. Der Referent betonte, dass die Genehmigungsbehörden auch Höchsttarife für Mietwagen festlegen könnten, aber auch dabei müssten sie immer den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beachten. Das Mietwagen-Gewerbe dürfe auch nicht über Gebühr belastet werden.

„Ein Preisdumping zu verhindern, sollte im Vordergrund stehen“, erklärte der Jurist. „Ein Mindestentgelt für Mietwagen könnte zwischen 10 oder 15 Prozent unter dem Taxitarif liegen. Da ist meines Erachtens eine Grenze für das gerichtsbeständige Agieren als Genehmigungsbehörde.“ Grätz riet den Teilnehmenden, vorsichtig vorzugehen und ihre Regelung gegebenenfalls „nachzuschärfen“, wenn sich die Konkurrenzsituation zwischen Taxis und Mietwagen weiter verschärfe.

Als „Symptome für Probleme“ schilderte der Referent übermäßige Mietwagen-Zahlen im Verhältnis zu den Taxis, zunehmende Rückgaben von Taxigenehmigungen und Betriebsaufgaben von Taxiunternehmen, Beschwerden aus der Bevölkerung über fehlende Taxis oder zeitlich eingeschränkten Betrieb, eine hohe Zahl von Mietwagen-Genehmigungen im Umland sowie Verstöße gegen die Rückkehrpflicht für Mietwagen. Grätz regte an, über eine zeitliche oder räumliche Beschränkung eines Mietwagen-Mindestentgelts nachzudenken und es zum Beispiel auf die Rushhour oder den Stadtkern zu beschränken. Mietwagen-Verkehre für Krankenfahrten auszunehmen, sei rechtlich möglich.

In der abschließenden Fragerunde berichtete ein Vertreter des Landkreises München, bei Betriebsprüfungen würden bei Mietwagenunternehmen oft falsche Lohnkostenerfassungen aufgedeckt, mit denen wohl Geld gespart werden solle. Er wollte daraufhin wissen, ob das als Argument für die Einführung eines Mietwagen-Mindestentgelts gelten könne. Das bejahte Thomas Grätz, der diesen Gesichtspunkt nun in weitere Schulungen dieser Art aufnehmen möchte.

Laut Thomas Kroker, dem Vorsitzenden des Landesverbandes Bayerischer Taxi- und Mietwagenunternehmen e.V., hatte der Verband 25 weitere Anfragen und wegen der Ferienzeit hätten nicht alle Interessierten teilnehmen können. Deshalb werde der Verband eine weitere Schulung anbieten. Sie ist inzwischen auf Freitag, den 6. Oktober 2023 ab 10 Uhr terminiert worden. Die Teilnehmenden der durchgeführten Schulung sollen eine pdf-Datei des Vortrags zur Verfügung gestellt bekommen.

Vergleichbare Schulungen hat Thomas Grätz bereits für Landesverbände in Nordrhein-Westfalen und in Niedersachsen durchgeführt, die im Taxi- und Mietwagenverband Deutschland (TMV) organisiert sind.

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