Gericht weist Klage eines provozierenden Radfahrers ab und entlastet Pkw-Fahrer

Bei einem Unfall mit einem Radfahrer verliert der Pkw-Fahrer immer! So die gängige Autofahrer- und Taxifahrermeinung. Nun, das gilt tatsächlich sehr oft, aber doch nicht in jedem Fall, wie eine aktuell bekannt gewordene Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm verdeutlicht.

Der klagende Fahrradfahrer wähnte sich trotz verkehrswidrigen Verhalten im Recht. Symbolbild| Foto: Pexels_pixabay
Der klagende Fahrradfahrer wähnte sich trotz verkehrswidrigen Verhalten im Recht. Symbolbild| Foto: Pexels_pixabay
Thomas Grätz

Mit einem sogenannten Hinweisbeschluss vom 8. Februar dieses Jahres hat das Oberlandesgericht Hamm unter dem Aktenzeichen 7 U 30/23 ausgeführt, dass ein Radfahrer, der einen Auffahrunfall provoziert, sich ein anspruchsausschließendes Mitverschulden vorhalten lassen muss. Das heißt, der Pkw-Fahrer muss sich an dem Schaden nicht beteiligen.  

Im Einzelnen: Der Radfahrer hatte den Pkw-Fahrer in einer Spielstraße vorsätzlich überholt, geschnitten und ausgebremst, in der Folge fuhr der Pkw auf das Fahrrad auf. Wegen des Schneidens und Ausbremsens liegt nach Ansicht der Berufungsrichter aus Hamm ein ganz überwiegendes, auch die Betriebsgefahr des Pkw überlagerndes Eigenverschulden des Radfahrers vor. Dieser hatte nämlich auf Schadensersatz geklagt und schon in 1. Instanz beim Landgericht verloren. Ein schuldhafter Verursachungsbeitrag des Pkw-Fahrers liege nicht vor, so die Bewertung beider Instanzgerichte.

Eine überhöhte Geschwindigkeit des Pkw-Führers in der Spielstraße, in der die Beschilderung vorgibt, in Schrittgeschwindigkeit zu fahren, sei nicht feststellbar gewesen, da der Radfahrer nach eigener Aussage nur ca. 12 km/h schnell gewesen sei, als er überholte und dann den Pkw ausbremste. Das zieht für die Richter den Schluss nach sich, dass der Pkw jedenfalls langsamer gewesen ist und damit auch die Schrittgeschwindigkeit zumindest nicht maßgeblich überschritten hat. Ohnedies würde die Haftung des beklagten Pkw-Fahrers im vorliegenden Einzelfall bei einer hier allenfalls geringfügigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit angesichts des grob verkehrswidrigen Verhaltens des klagenden Radfahrers vollständig zurücktreten.

Selbst eine mögliche Einwilligung des Klägers in eine ersichtlich mögliche Beschädigung des von ihm genutzten Fahrrades sowie auch in eine ersichtlich mögliche Beeinträchtigung seiner körperlichen Unversehrtheit durch dieses riskante Fahrmanöver erörtert das Gericht. Im Ergebnis lässt es die Einwilligungsfrage aber letztlich offen, weil sich schon aus dem Verkehrswidrigkeitsgesichtspunkt eine ausreichende Rechtsgrundlage für die Abweisung der Berufung ergäbe.

Deshalb wurde mit dem Hinweisbeschluss den Verfahrensbeteiligten die Absicht mitgeteilt, die Klage wegen offensichtlicher Aussichtslosigkeit durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen. Nach Verstreichen einer dem Kläger aufgegebenen Stellungnahmefrist ist die Berufung unseres Radfahrers dann auch tatsächlich endgültig durch Beschluss vom 11. März 2024 zurückgewiesen worden.

An dem Rat, schon wegen der möglichen juristischen Folgen eine besondere Aufmerksamkeit im Verhältnis zu Radfahrern an den Tag zu legen, soll nicht gerüttelt werden. Aber der auch im Taxi- und Mietwagenverkehr häufiger festzustellende rücksichtslose und oberlehrerhafte Radfahrer kann auch nicht schrankenlos agieren, das ist das Fazit dieser Entscheidung.

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