Rollitaxis: Barrierefreie Transporte brauchen einen Anreiz

Wegen des hohen finanziellen, personellen und organisatorischen Aufwands machen sich Rollstuhltaxis erst nach langer Zeit bezahlt. Das berichtete ein Praktiker der Grupe Fahrservice GmbH bei einer Veranstaltung zum Thema Inklusionstaxis in Bamberg.

Jan-Otto Jacobs machte eine interessante Beispielrechnung für den Einsatz von Rollstuhltaxis auf. (Foto: Dietmar Fund)
Jan-Otto Jacobs machte eine interessante Beispielrechnung für den Einsatz von Rollstuhltaxis auf. (Foto: Dietmar Fund)
Dietmar Fund

Wegen der alternden Bevölkerung werden immer mehr Menschen pflegebedürftig und sind eine potenzielle Kundschaft für Rollstuhltaxis. Noch aber sind die Zuschläge für sie in vielen Taxi-Tarifordnungen viel zu niedrig, um den mit Rollstuhltaxis verbundenen Aufwand für die Beschaffung, den Einsatz und nicht zuletzt das Fahrpersonal abzudecken. Bei einem Zuschlag von 10 Euro laut Taxi-Tarifordnung sind Rollstuhltaxis für Selbstzahler für die Grupe Fahrservice GmbH aus dem niedersächsischen Bad Grund kaum interessant. Bei ihren 16 rollstuhlgerecht umgerüsteten VW Caddy Maxi-Taxis kommt es mehr auf die Krankenfahrten-Tarife an, für die das Unternehmen im Rahmen von individuellen Sondervereinbarungen mit den Kassen eine Grundpauschale von 27 Euro inklusive der ersten 8 gefahrenen Kilometer vereinbart hat. Das berichtete Jan-Otto Jacobs, Verkehrsleiter der Grupe Fahrservice GmbH, am 22. April 2023 bei einer Veranstaltung über Inklusionstaxis im Katholischen Internat Aufseesianum in Bamberg. Er trat dort als Referent im Auftrag des Landesverbandes Bayerischer Taxi- und Mietwagenunternehmen e.V., der Taxi-Zentrale Nürnberg eG und der Taxi München eG auf.

Jacobs nannte als einen wesentlichen Aspekt neben der Fahrzeuganschaffung, die man bei Inklusionstaxis einkalkulieren müsse, den erhöhten Aufwand für Suche geeigneten Personals und dessen Vorbereitung auf seine verantwortungsvolle Tätigkeit. Er habe hier positive Erfahrungen mit Mitarbeitern mit Migrationserfahrung gemacht, weil es bei der Beförderung von Rollstuhlfahrenden nicht so sehr auf die Konversation ankomme.

Rollstuhlfahrzeuge verursachten einen erhöhten Aufwand in der Disposition, weil sie oft längere Fahrtstrecken zurücklegten und auch für Rückfahrten freigehalten werden müssten. Man müsse bei ihnen deshalb den Bedarf über den ganzen Tag verteilt im Blick behalten und könne sie nicht so flexibel für andere Fahrten einsetzen wie normale Taxis.

Laut dem Referenten setzt sein Unternehmen den zeitlichen Mehraufwand pro Rollstuhlbeförderung mit durchschnittlich 20 Minuten oder rund 6,45 Euro inklusive der Nebenkosten für den Arbeitgeber an. Momentan bezahle sein Unternehmen einen Bruttolohn von 13 Euro pro Stunde, der eigentlich schon beinahe sittenwidrig sei, sagte Jacobs. Die Kassen gingen sogar nur vom Mindestlohn von 12 Euro aus, obwohl ihres Erachtens eher 14 bis 16 Euro Stundenlohn angemessen seien.

Der Praktiker rechnete den interessiert zuhörenden Teilnehmenden vor, dass bei einer Nutzung eines Rollstuhl-Caddys mit 8.000 bis 10.000 Euro teurem Umbau über vier bis fünf Jahre bei niedrigeren Wiederverkaufswerten als bei einem VW Touran für die Refinanzierung durchschnittlich 1,4 Rollstuhlfahrten pro Tag nötig seien oder 415 Rollstuhlbeförderungen pro Jahr. „Bei diesem Durchschnitt ist noch kein Mehrgewinn gegenüber einer üblichen Taxifahrt drin und damit auch kein Anreiz für ein Unternehmen“, stellte Jacobs klar. Bei monatlich 8.000 Fahraufträgen entfielen rund 10 Prozent auf Rollstuhlfahrten, für die aber 50 Prozent des Fuhrparks bereitgehalten werden müssten. „Wir müssen deshalb einen Anreiz für barrierefreie Transporte schaffen. Unser Wunsch ist eine bundesweite Förderung des Umbaus in Verbindung mit einer Anpassung der Vergütungsstrukturen der Kassen, um den personellen Mehraufwand abzudecken“, erklärte Jacobs.

Die Beispielrechnung bezog sich auf den Durchschnitt aller Rollstuhltaxis. Außer ihnen betreibt die Grupe Fahrservice GmbH auch freigestellte Verkehre, bei denen ganz anders kalkuliert wird. Das Unternehmen hat sieben Betriebssitze im Harz. Es setzt 32 Taxen ein, von denen die Hälfte auf Rollstuhlbeförderungen eingerichtet ist. Von 18 Fahrzeugen für den freigestellten Verkehr sind 8 auf die Beförderung von Rollstuhlfahrenden eingestellt.

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