In dem eher unscheinbaren Gebäude unweit des Hafenbahnhofs Hohe Schaar ist das Technologiezentrum des Weltkonzerns Shell untergebracht. Hier arbeiten 300 Forscher und Ingenieure an Mobilitätslösungen. Das waren über Jahrzehnte vor allem petrochemische Produkte, seit einigen Jahren ist Hamburg auch das Zentrum der E-Mobilität. Hier werden die Ladelösungen der E-Mobilitätssparte des Öl-Multis geplant, geprüft und koordiniert. Nach einem Grußwort des Geschäftsführers des Technologiecenters, Phillip Scherzer, übernahm Hamburgs Senator der Behörde für Verkehr und Mobilitätswende, Dr. Anjes Tjarks, die Begrüßung der trotz unwirtlicher Wetterverhältnisse zahlreich anwesenden Taxi-Unternehmer und E-Fahrzeug-Anbieter.
Die wichtigste Botschaft: Wir halten Kurs
Die wichtigste Nachricht des Verkehrssenators war, dass die Behörde nach wie vor voll hinter dem Projekt Zukunftstaxi steht. Bisher seien 3,5 Millionen Euro in das Projekt geflossen, 1,5 Millionen seine noch in der Kasse – und die Behörde habe noch 750.000 Euro in petto. Das Klimaschutzstärkungsgesetz, das laut Tjarks in den nächsten Tagen kommen werde, schreibe vor, ab dem 1. Januar 2025 nur noch lokal emissionsfreie Fahrzeuge als Taxi zuzulassen. Einen Kompromiss sei man bei den Großraum-Taxis eingegangen. Hier werde die Einführung der emissionsfreien Mobilität aufgrund des geringen Angebots von Großraum-E-Taxen um zwei Jahre verschoben.
Tjarks verdeutlichte, dass der Verkehr in Hamburg nachhaltiger werden müsse. Man müsse den Ausbau der Ladeinfrastruktur forcieren. Hier sehe er aber nicht die öffentliche Hand in der Verantwortung, sondern Player aus der Industrie wie Shell.
Hamburg setzt auf das Taxi
Der Leiter der Verkehrsgewerbeaufsicht der Hamburger Behörde für Verkehr und Mobilitätswende, Dirk Ritter, betonte, man sei in Hamburg sehr viel weiter als in anderen deutschen Städten und bekenne sich als einzige Großstadt deutlich zum Taxi. Er mache den Job nun schon seit 18 ½ Jahren und kenne die vielen Strömungen und Meinungen im Taxi-Gewerbe genau. Und auch die gezielte Förderung der E-Taxen werde intensiviert. Hamburg gleiche den Wegfall der Förderung gewerblich genutzter E-Fahrzeuge durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) seit dem 1. September 2023 aus.
Emissionsfreie Taxis werden immer mehr
Von aktuell 2.967 Taxen in Hamburg sind 597 reine Stromer. Somit ist mittlerweile jedes fünfte Taxi in Hamburg ein E-Taxi. Ab April 2024 wird am Hamburger Flughafen die extra Spur für E-Taxen entfallen, da, so Ritter, die E-Taxis nun eine hohe Verbreitung und Akzeptanz hätten. Schwieriger als erwartet sei es, die Ladeinfrastruktur auszubauen. Auch seine Behörde habe mit den Genehmigungsverfahren und Widrigkeiten zu kämpfen. Nach den zwei bestehenden exklusiven Taxi-Schnellladern seien vier weitere in Bau und weitere in Planung. Weitere Standorte auf nicht öffentlichem Grund sollen folgen. So sei die Behörde unter anderem mit dem Discounter Lidl in Gesprächen. Als neuen Partner habe man zudem Shell gewonnen. Eindringlich warb Ritter, die Taxi-Branche in Hamburg solle sich doch zusammenschließen und gemeinsam um Sonderkonditionen beim Laden kämpfen.
Shell wirbt damit, die höchste Abdeckung mit 42 Schnelladepunkten an 15 Standorten in Hamburg zu haben. Diese Ladesäulen sind stets an Tankstellen angegliedert, so kann die Infrastruktur wie Toilette, Shop, Café und Waschmöglichkeiten für das Fahrzeug mitverwendet werden. Ermäßigt wird der Ladestrom an die Nutzer einer Shell-Karte oder der Shell-App abgegeben – letztere kommen zurzeit zudem in den Genuss eines Gratis-Kaffees im Shop während der Ladezeit.
Shell Recharge bestückt auch Ladeparks
Matthias Petersen stellte verschiedene Schnelllade-Säulen vor, die Shell an Ladeparks nutzt. Der Hamburger Standort ist weltweit federführend bei der Mobilitätswende, Petersen seit sieben Jahren mit der E-Mobilität und den dazugehörigen Ladelösungen betraut. Die Ladesäulen der verschiedenen Hersteller werden in Hamburg auf Herz und Nieren, beziehungsweise Elektronik und Kabel geprüft. Shell sei laut Petersen mit seiner Entwicklungs- und Forschungsabteilung bei der Standardisierung der Lader in Gremien eingebunden.
Eine Halle voller E-Taxen
In einer separaten Halle waren die E-Taxen verschiedener Hersteller ausgestellt. Neben den bekannten Mitspielern Volkswagen, Volkswagen Nutzfahrzeuge, Tesla, Nissan, Toyota, Hyundai und Volvo war erstmals ein Nio in Hellelfenbein dabei. Ole Gravenhorst von Nio möchte den Luxus-Stromer den Taxlern schmackhaft machen. Der Luxus-Liner in S-Klasse Format scheint wahrlich ein Schnäppchen. Auf den Grundpreis von 58.739,50 Euro mit Taxi-Paket von Reuss (2.198 Euro) und Folierung (1.450 Euro) gibt es Rabatte, so dass sich bei Bestellung noch im Dezember etwa ein Drittel der Kosten sparen lassen. Nio ruft 44.839,50 Euro für den et7 auf – ohne die Batterie allerdings. Für die sind in der Miete 142 Euro monatlich (für einen 75 kW Akku) oder 242 Euro (für den 100 kW Akku) zu bezahlen. Immer dabei ist die lebenslange, laufleistungsunabhängige Garantie auf den Energiespeicher. Für Sparfüchse stehen laut Gravenhorst aktuell 18 Fahrzeuge mit dem kleineren Akku bereit.
Volkswagen war mit ID.4 und ID.Buzz doppelt vertreten, wobei der ID.Buzz deutlich mehr Interesse fand – das Design des E-Busses begeistert. Wer allerdings dann die Preiskalkulation macht, wird zumeist dann doch beim ID.4 landen. Toyotas bZ4X im Dress des Hamburger Umrüsters Reuss stand neben dem inzwischen auch als Taxi verbreiteten Tesla Model Y. Mercedes präsentierte das einzige Großraum-Taxi, die V-Klasse mit Leder-Interieur. Volvos kompakter XC 40 ist jetzt mit effizienteren Motoren zu haben. Nissan Ariya und Hyundai Ioniq 5 waren zwar mit Taxi-Paketen ausgestattet, traten aber inkognito auf, sie waren nicht foliert. Wenn es schnell gehen soll mit dem Stromer-Taxi, kann Hyundai den Ioniq 5 in bestimmten Konfigurationen bereits in drei Wochen liefern – hier hängt es dann vom Umrüster und dem regional unterschiedlichen Zulassungsverfahren ab, wie schnell das Taxi dann tatsächlich auf dem Hof steht.
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