Werkstatt: Hinweispflicht nach Reifenwechsel

Auto- und Reifenwerkstätten müssen die Kunden beim Reifenwechsel deutlich darauf hinweisen, dass die Radmuttern nach einer Weile nachgezogen werden müssen. Entscheidend für die Haftungsfrage ist allerdings, wo die Aufforderung auf der Rechnung platziert wird.
Redaktion (allg.)

Wie die telefonische Rechtsberatung der Deutschen Anwaltshotline berichtet, können sich nach Aussage eines vom Gericht herangezogenen Sachverständigen selbst ordnungsgemäß befestigte Radschrauben lösen. Deshalb bestehe eine gesetzliche Hinweispflicht der Werkstatt auf das erforderliche Nachziehen.

Im verhandelten Fall hatte sich nach einem Reifenwechsel in der Werkstatt auf der Autobahn ein Rad des Wagens gelöst – ohne jede Vorwarnung, wie der Halter behauptete.  Er habe nichts davon gewusst, dass er die Schrauben selbst nachziehen müsse und sei von der Werkstatt auch nicht darauf hingewiesen worden. Deshalb wollte er den entstandenen Schaden in Höhe von 4.000 Euro von der Werkstatt ersetzt bekommen.

Die verwies auf ihre Anmerkung „Radschrauben nach 50 - 100 km nachziehen" auf dem mit der Rechnung übergebenen und vom Kunden unterschriebenen Abbuchungsauftrag. Dort befand sich dieser Satz allerdings unterhalb der Unterschriftszeile. Was nach Auffassung des Gerichts nicht den gesetzlichen Anforderungen genügt.

"Ein Kunde prüft beim Erhalt einer Rechnung nur, ob die abgerechneten Leistungen korrekt aufgeführt sind und der Betrag stimmt. Unterschreibt er dann die Rechnung, muss er nur alles gelesen haben, worauf sich seine Unterschrift bezieht - was nämlich oberhalb steht", erklärt Rechtsanwalt Tim Vlachos von der Deutschen Anwaltshotline. Ein Anlass, weiter zu lesen, besteht laut Heidelberger Richterspruch grundsätzlich nicht.

Das Erfordernis des Schraubennachziehens stelle auch kein Jedermann-Wissen dar. Vielmehr erwarte der normale und nicht weiter aufgeklärte Kunde, dass ordnungsgemäß befestigte Räder sich nicht ablösen können.

Das Landgericht Heidelberg entschied im verhandelten Fall, dass die Werkstatt zu 70 Prozent für den Schaden aufkommen muss. 30 Prozent muss der Kläger jedoch selbst tragen, da es nach Auffassung eines Sachverständigen unmöglich ist, dass sich ein Rad löse, ohne dass sich dies zuvor z.B. durch „Vibrationen und Schlagen am Lenkrad“ oder einem „schwammigem Fahrverhalten“ ankündige. Dies sei für einen aufmerksamen Autofahrer ohne Weiteres wahrnehmbar.

Landgericht Heidelberg, Urteil vom 27.7.2011, Az.: 1 S 9/10

(sk)
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