Mutmacher setzen auf gute Kundenbindung

Um eine bessere Kundenbindung durch Taxibetriebe und Taxizentralen ging es beim Verband des Verkehrsgewerbes Baden.

Gut drei Dutzend Teilnehmer hatten sich in Karlsruhe versammelt. Bild: Dietmar Fund
Gut drei Dutzend Teilnehmer hatten sich in Karlsruhe versammelt. Bild: Dietmar Fund
Dietmar Fund
Fachversammlung

Die Auto-Funktaxi-Vermittlungszentrale Heidelberg eG möchte sich mit einer verstärkten Bewerbung ihrer App von Taxi Deutschland auf den Markteintritt von Wettbewerbern wie Uber, Free Now und Clever Shuttle vorbereiten. Dazu wirbt sie beim Lokalsender Radio Regenbogen, hat zehn Taxen mit entsprechender Türwerbung beklebt und bezahlt den Unternehmern auch die Werbefläche für ein Jahr im Voraus. Das berichtete der 
1. Zentralenvorstand Michael Käflein bei der Fachversammlung Taxi und Mietwagen des Verbandes des Verkehrsgewerbes Baden. Sie fand am 28. September 2019 am Rande der Messe NUFAM auf dem Karlsruher Messegelände statt.

Käflein ist auch Vorstandsmitglied der Fachvereinigung Taxi und Mietwagen. Er sagte, 800 bis 900 App-Bestellungen pro Monat über Taxi Deutschland, taxi.eu und Sixt Ride spielten zwar im Vergleich zu den monatlichen rund 37.000 Gesamt-buchungen für seine 141 Taxis bisher nur eine geringe Rolle, doch erwarte er eine Zunahme wegen der neuen, nur mit Apps arbeitenden Wettbewerber. Unter anderem würden inzwischen auch bisherige Einsteiger ihr Taxi per App bestellen. Deshalb habe die Zentrale auch die Zusammenarbeit mit der Plattform Sixt Ride beschlossen. Er sei zuversichtlich, über die Sixt-App wieder mehr Geschäftskunden zu bekommen.

Automatisierung
schafft Freiräume

Für den Zentralenvorstand steht im Mittelpunkt, die Kundenbindung zu erhöhen. Daher haben sich die Heidelberger bei der vom Markt genommenen Marke mytaxi abgeschaut, Restaurants, Praxen und Firmen mit dem Taxi-Rufgerät Taxi Butler und dem einfacheren Taxi-Rufknopf der Deutschen Telekom auszustatten. Die dadurch automatisierte Bestellung mit einer Automatisierungsquote von derzeit 21 Prozent schaufle in der Disposition die Zeit frei, um Kunden schneller telefonisch zu bedienen und Aufträge ordentlich zu bearbeiten. „Es geht bei der Automatisierung um bessere Kundenbindung und nicht darum, die Personalkosten zu senken“, stellte der Zentralenvorstand klar.

Seit Juni 2019 haben die Heidelberger eine neue Funktion für die rund 25 Prozent Handy-Besteller eingerichtet. Sie bekommen nach der Fahrt über das Vermittlungssystem von GefoS automatisch eine SMS zur Bewertung ihrer Fahrt mit ein bis fünf Sternen. Seither habe sich gezeigt, dass das Gros der Fahrer eine gute Leistung biete, was man nun auch bewerben wolle. „Wir möchten beispielsweise Hotels anbieten, Fahrer nach der Anzahl ihrer Sterne auszuwählen“, sagte Käflein.

Er appellierte zum Schluss seines Vortrags an die Verbände, Taxikosten kalkulierbar zu machen, denn sonst schieße man sich aus dem Geschäft heraus. Die Verbände sollten außerdem die App-Anbindung auf dem Land fördern. Dort seien die Unternehmer keinesfalls vor Uber und Konsorten sicher, die allesamt eine Flächendeckung bräuchten und die Marktführerschaft auch in Deutschland mit „Materialschlachten“ anstrebten. Käfleins ermunterndes Fazit: „Wir werden Verluste hinnehmen müssen, aber wir können uns behaupten. Wer aufgibt, hat schon verloren.“

Das zweite Vorstandsmitglied, der Freiburger Taxiunternehmer Martin Wohlleber, begann mit einem ebenso erfrischenden Statement: „Qualität, Qualität, Qualität. Diese drei Vorschläge sind fast alles, was wir brauchen.“ Die Branche müsse sich auf alte Qualitätswerte rückbesinnen, die individuelle Hilfeleistung durch ihre Fahrer in den Vordergrund rücken und zunehmend Inklusionstaxis anbieten.

Unternehmer sollten sich besser vernetzen

Die individuelle Betreuung und die Betriebspflicht würden das Taxigewerbe von seinen Wettbewerbern unterscheiden. Daher sei die Betriebspflicht weiterhin nötig, auch wenn die Branche da auf dem Land schwächle. Dort sei eine Vernetzung der Unternehmer untereinander „überlebenswichtig“, doch es fehlten dafür die „Tools“. Die Verbände sollten deshalb darüber nachdenken, eine Plattform zur Vermittlung von Fahrten aufzubauen, die einzelne Unternehmer gerade nicht übernehmen könnten.

„In der Praxis funktioniert diese Nachbarschaftshilfe nicht“, entgegnete dazu Mahmut Bozkurt, ein junger Taxiunternehmer aus Waldhut-Tiengen, in der abschließenden Diskussionsrunde. „Das Miteinander fehlt in unserer Branche.“ Die Qualität fange im Übrigen bei jedem Taxiunternehmer selbst an.

Ein weiteres Thema waren Tariferhöhungen. Der Taxiunternehmer Dominik Ernst aus Wiesloch berichtete, dass bei einer Abfrage des Landratsamtes des Rhein-Neckar-Kreises 80 Taxiunternehmer angeschrieben worden seien. Von denen hätten nur zehn reagiert. Fünf von ihnen hätten den bestehenden Tarif auch noch in Ordnung gefunden.

„Wie kann das denn sein, trotz der anstehenden nächsten Erhöhung des Mindestlohns?“, fragte Ernst. „Sie können als Taxiunternehmer eine Tariferhöhung beantragen. Wir als Verband können Sie dabei unterstützen“, antwortete Tobias Lang, Geschäftsführer des Verbandes des Verkehrsgewerbes Baden. „Im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald ist es uns beispielsweise geglückt, von 20 Taxiunternehmern immerhin 
6 an einen Tisch zu bekommen.“

Der Taxi- und Mietwagenunternehmer Sebastian Holl aus Gaggenau knüpfte schließlich an eine Äußerung Martin Wohllebers zum Thema Taxitarife an und sagte, seines Erachtens sei ein bundesweiter Basistarif sinnvoll. Wohlleber hatte dazu erklärt, als Taxameterdienst und Taxi-Umrüster sehe er selbst, welch hoher finanzieller Aufwand mit den vielen Taxitarifen in Deutschland verbunden sei. Eine Vorhersage über die Kosten einer Taxifahrt könne heute auch jede App sehr genau treffen. „Die Taxitarife sind Landes- und nicht Bundessache“, entgegnete Wohlleber. „Das wird im Bundesverband seit längerem diskutiert, aber dort sind gut 
90 Prozent der Branchenvertreter dagegen“, ergänzte Jürgen Dornheim, der Vorsitzende der Fachvereinigung Taxi/Mietwagen. df

Was in Karlsruhe noch zu hören war

 

 

 

 

 

 

 

  • In der Stadt Freiburg ist es inzwischen Verwaltungspraxis, dass bei Genehmigungsübertragungen Genehmigungen mit weniger als zwei Jahren Restlaufzeit keinen Besitzstandsschutz begründen. Die Taxikonzession wird in solchen Fällen nicht wiedererteilt, sondern nach der Warteliste vergeben. Das berichtete Rechtsanwalt Tobias Lang, Geschäftsführer des badischen Landesverbandes.
  • Bei den zähen Verhandlungen, die der badische und der württembergische Verband sowie der TVD Baden-Württemberg mit der AOK geführt hätten, habe die AOK angedeutet, man könne einen Verzicht auf Ausschreibungen vereinbaren, wenn der Rabatt auf mehr als neun Prozent steige. „Auf dieses Spiel sollten wir uns nicht einlassen“, sagte Tobias Lang.
  • Den Individualverkehr zu verringern und umweltfreundlich zu fahren, seien zwei Argumente, die bei Politikern verfingen, riet der Heidelberger Zentralenvorstand Michael Käflein.
  • „Österreich hat aus Mietwagen Taxis gemacht und in keinster Weise liberalisiert. Das kriegen wir hier nicht durch“, sagte Martin Wohlleber, Vorstandsmitglied der Fachvereinigung, auf eine Frage nach der Position des Verbandes zu einem „Einheitsgewerbe“.

 

 

 

 

 

 

 

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Seite 10 bis 11 | Rubrik Gewerbepolitik
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