Nach Vorwürfen zur Einflussnahme für HVO-Kampagne bei "Mobil in Deutschland": Luksic lässt Schirmherrschaft ruhen

(dpa/lrs/jr) Nach einem Bericht soll der Automobilclub "Mobil in Deutschland" des CSU-Politikers Michael Haberland damit geworben haben, Termine mit der Spitze des Verkehrsministeriums zu vermitteln. Dieses will Aufklärung. Der Club spricht von falschen Anschuldigungen. Hinter den Kulissen schwelt das Ringen um die Rückabwicklung des Verbrennerausstiegs in Brüssel.

Zu enge Verbindung? Bei der Lobbyveranstaltung des Autoclubs "Mobil in Deutschland" von Michael Haberland (2.v.l.) trat neben Rallyelegende Walter Röhrl (Mitte) auch Verkehrsminister Wissing (links) auf und machte sich für HVO100 stark. | Foto: Mobil in Deutschland
Zu enge Verbindung? Bei der Lobbyveranstaltung des Autoclubs "Mobil in Deutschland" von Michael Haberland (2.v.l.) trat neben Rallyelegende Walter Röhrl (Mitte) auch Verkehrsminister Wissing (links) auf und machte sich für HVO100 stark. | Foto: Mobil in Deutschland
Thomas Kanzler
(erschienen bei VISION mobility von Johannes Reichel)

Verkehrs-Staatssekretär Oliver Luksic (FDP) lässt nach Vorwürfen gegen den Automobilclub Mobil in Deutschland die Schirmherrschaft für eine Kraftstoff-Kampagne des Vereins ruhen. Das Bundesverkehrsministerium führte dazu Recherchen des ZDF-Magazins «frontal» an. Demnach soll der Club in einer Präsentation für die Kampagne «HVO100 goes Germany» damit geworben haben, gegen Bezahlung Termine mit der Leitungsebene des Ministeriums zu vermitteln. Der Automobilclub wies die Vorwürfe zurück.

Im Zentrum der fragwürdigen Lobbyaktivitäten steht der Münchner Verein "Mobil in Deutschland" und sein Präsident Michael Haberland, der 2020 für die CSU und den Münchner Stadtrat kandidierte. Im Oktober 2023 startete er mit seinem Autoclub die Kampagne "HVO100 goes Germany" und gewann dafür den Parlamentarischen Staatssekretär im Verkehrsministerium Oliver Luksic (FDP) als Schirmherren - obwohl sich Fachreferate des Ministeriums laut internen Papieren zuvor dagegen ausgesprochen hatten, wie das ZDF darlegt. Diese Vorbehalte überzeugten den Minister nicht, er zeichnet die Schirmherrschaft für seinen Staatssekretär Luksic persönlich ab.

"Eine Nichtübernahme der Schirmherrschaft könnte auch als Distanzierung von dem Thema gewertet werden, was ebenfalls problematisch wäre. Da die FDP-Fraktion dem BMUV die Einführung des Kraftstoffes abgerungen hat", steht laut ZDF-Recherchen als Kommentar in der Ministervorlage.

Am 4. Dezember 2023 bestätigt das Luksic-Büro offiziell die Übernahme der Schirmherrschaft: "(Staatssekretär) Luksic kommt dem Wunsch des Ministers selbstverständlich nach und übernimmt die Schirmherrschaft der Kampagne." Die Kommunikationsabteilung des Ministeriums weist Luksic am selben Tag noch darauf hin, dass "sämtliche Materialien (z. Bsp. Printerzeugnisse, Online-Veröffentlichungen, sowie Konzepte für Spots, Kampagnen-Videos, Urkunden etc.) mit dem Haus vor Veröffentlichung abgestimmt werden müssen." Luksic und Wissing traten in Folge bei Terminen des Vereins auf, unterstützten Werbemaßnahmen für HVO100 und trafen sich mit Geldgebern der Kampagne.

"Ich [bin] Ihnen auch wirklich sehr dankbar, dass Sie da hartnäckig dabei sind, und jetzt brauchen wir einen Markthochlauf solcher Kraftstoffe. (...) Und ich zähle auf Sie, dass Sie weiterhin so ehrgeizig und ambitioniert bleiben", erkärte Bundesverkehrsminister Volker Wissing bei einem Event von Mobil in Deutschland am 13. März.

Das Wissing-Ministerium erklärte, man trete «jeglichen Vorwürfen einer unrechtmäßigen Einflussnahme von Interessengruppen und einer Vermittlung von Terminen mit der Hausleitung gegen Bezahlung mit aller Entschiedenheit entgegen». Die Übernahme von Schirmherrschaften sei grundsätzlich nicht mit Gegenleistungen verbunden. Eine derartige Praxis würde eine Schirmherrschaft von vornherein ausschließen. Das Ministerium forderte Aufklärung von dem Automobilclub. 

Dieser sprach von falschen Anschuldigungen. «Es gab und gibt selbstverständlich keine bezahlten Terminvermittlungen und diese wurden auch von uns weder erwogen noch mit Dritten diskutiert oder gar angeboten oder durchgeführt», hieß es in einer Mitteilung des Vereins.

Das ZDF-Magazin beruft sich in seinem Bericht auf mehrere ihm vorliegende interne Präsentationen von Mobil in Deutschland: «Darin werden Leistungen genannt, die Unterstützern von "HVO100 goes Germany" in Aussicht gestellt wurden - und welche Preise der Verein dafür verlangt. Dazu zählt eine "Premium-Kooperation" für 9.900 Euro pro Jahr mit der "Möglichkeit, sich bei einem exklusiven VIP-Meeting mit Minister oder Staatssekretär vorzustellen und auszutauschen".»

Ziel der Kampagne: Das Verbrenner-Aus in Brüssel kippen

«Es ist nicht die Aufgabe von Politikerinnen und Politikern, sich für irreführende Lobbykampagnen einspannen zu lassen», teilte Christina Deckwirth, Sprecherin des Vereins Lobbycontrol, mit. «Sie machen damit gemeinsame Sache mit der Verbrenner- und Benzinlobby und bieten deren Anliegen einseitige privilegierte Zugänge.» Ziel dahinter sei es, das in Brüssel beschlossene Verbrenner-Aus zu kippen. Das widerspreche laut Fachleuten sowohl dem Stand der Forschung als auch klimapolitischen Notwendigkeiten. Lobbycontrol, ein gemeinnütziger Verein, hat es sich zur Aufgabe gemacht, über Machtstrukturen und Einflussstrategien in Deutschland und der EU aufzuklären.

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