Landgericht Hanau: Pkw-Fahrer haftet trotz Verstoßes der Radfahrerin gegen Radwegpflicht

Die Klägerin wollte mit ihrem Pkw von ihrem Grundstück auf eine Straße einbiegen. Ihre Sicht auf die Hauptfahrbahn war durch parkende Fahrzeuge eingeschränkt. Zu diesem Zeitpunkt näherte sich eine Radfahrerin auf der Fahrbahn, obwohl an der Unfallstelle ein kombinierter Rad- und Fußweg vorhanden war. Die Radfahrerin kollidierte mit der linken vorderen Seite des Pkw.

Die Autofahrerin forderte von der Radfahrerin die Hälfte der Reparaturkosten an ihrem Fahrzeug und machte ein Mitverschulden geltend, da die Radfahrerin den Radweg nicht benutzt habe. Das Amtsgericht Hanau wies die Klage ab. Auch die Berufung vor dem Landgericht blieb erfolglos.

Begründung des Gerichts

Das Landgericht stellte fest, dass die Autofahrerin gegen das in § 10 Satz 1 StVO geregelte Sorgfaltsgebot verstoßen habe, das beim Einfahren von einem Grundstück in den fließenden Verkehr gilt. Die Haftung liege daher allein bei ihr.

Zwar habe die Radfahrerin mit der Nichtbenutzung des Radwegs gegen § 2 Abs. 4 Satz 2 StVO verstoßen, wonach ausgewiesene Radwege verpflichtend zu nutzen sind. Dennoch sah das Gericht darin kein Mitverschulden an der Kollision. Die Zweckbindung der Radwegbenutzungspflicht sei nicht darauf ausgelegt, Kollisionen mit einfahrenden Fahrzeugen zu verhindern. Vielmehr solle sie den Radverkehr vor Gefahren durch dichten Verkehr und geringe Seitenabstände schützen.