ZF: Neuer Gurtstraffer zieht Insassen bei Gefahr aktiv in die richtige Sitzposition

Auf den Tech-Tagen bei ZF durften wir bei einer Notbremsung den aktiven Gurtstraffer ACR8 testen, der einen mit Kraft in Position zieht!

Sollte der Beifahrer bei drohendem Unfall etwas im Fußraum suchen, wird er rechtzeitig in die korrekte Position gezogen. | Foto: ZF
Sollte der Beifahrer bei drohendem Unfall etwas im Fußraum suchen, wird er rechtzeitig in die korrekte Position gezogen. | Foto: ZF
Redaktion (allg.)
(erschienen bei VISION mobility von Gregor Soller)

Eine alte Weisheit aus der Unfallforschung besagt: Ordentlichen Insassenschutz bietet eine richtige Sitzposition und ein passend anliegender Gurt. Vor allem in den wichtigen Millisekunden vor einem unvermeidlichen Aufprall kann der neue, vernetzte Sicherheitsgurt von ZF seine volle Wirkung ausspielen, indem er die Insassen aktiv in die richtige Sitzposition bringt und dort ideal fixiert. Seine Informationen bezieht das Gurtsystem dabei von den Sensoren des Fahrzeugs. Wird eine Gefahrensituation detektiert, zieht der Gurt den Insassen in den Sitz. Erst dann erfolgt die pyrotechnische und damit irreversible Straffung. Herzstück des Systems ist der elektromechanische Gurtstraffer ACR8. Der kann sogar noch mehr – zum Beispiel Gurtlose aufnehmen, für weniger Spannung und damit mehr Komfort am Gurt sorgen oder durch Vibration am Gurtband den Fahrer alarmieren und so bis zu einer Sekunde Reaktionszeit herausholen.

Zusatzvorteil: Der ACR8 benötigt sogar weniger Bauraum!

Herzstück des Schutzsystems ist der weiterentwickelte aktive Gurtstraffer ACR8 (Active Control Retractor), der im Fahrzeug verfügbare Informationen verknüpft und elektromotorisch Gurt einziehen und so gezielt Gurtkraft aufbauen kann. Neben den bereits beschriebenen Funktionen bietet der ACR8 weitere Vorteile für Automobilhersteller: So ist für die Verwendung des neuen Systems keine gesonderte NCAP-Selbstzertifizierung notwendig. Der ACR8 ist auch als sitzintegrierte Variante erhältlich, in der er statt 82 nur noch 60 Millimeter Einbautiefe benötigt. Damit lässt er sich in alle Autositzarten integrieren, ohne das Design einzuschränken. Auf unsere Frage, ob es perspektivisch noch kompakter ginge, musste dies leider verneint werden, denn: das Gurtband selbst hat eine gewisse Stärke, was beim Aufrollen den Durchmesser der Gurtrolle bestimmt. Und die Mechanik benötigt, so sie kraftvoll wirken soll, auch Platz.

Wir durften das System selbst ausprobieren – es wirkt!

All das – bis auf die irreversible Straffung - durften wir in Friedrichshafen live erleben und müssen sagen: es hat uns beeindruckt. Denn wenn der Gurt an einem reißt, weil man etwas übersieht, reagiert man tatsächlich schneller, als wenn irgendwelche Dioden blinken! Und dann zupft einen der Gurt wirklich nachhaltig in eine passende Sitzposition!

Die beiden Rückhaltesysteme Gurt und Airbag arbeiten als Schutzsysteme quasi „Hand in Hand“: Der Gurt hält den Oberkörper zunächst zurück, gibt ihn aber in den Millisekunden nach dem Crash sukzessive, definiert in Richtung Airbag frei, bis das Luftkissen den Insassen auffängt. Fehlen dem Gurt diese Reserven, zum Beispiel weil der Oberkörper beim Crash bereits zu weit nach vorn geneigt war, kann dies die Verletzungswahrscheinlichkeit erhöhen. Hier setzt die Idee der Repositionierung an.

Repositionierung: Die wichtigen Sekunden vor dem Crash nutzen

Schon beim Anschnallen bringt sich der Gurt aktiv ein und verringert die sogenannte Gurtlose, zieht den Gurt also (in der Regel bisher nur bei teureren Fahrzeugen) einmal definiert an, so dass er gut am Insassen anliegt.

Detektieren die Fahrzeugsensoren eine gefährliche Fahrsituation, die zu einer starken Bremsung oder gegebenenfalls zu einem Aufprall führen könnte, kann das Gurtsystem diese Zeit zum verbesserten Schutz des Insassen nutzen. Hierzu ist es nicht nur mit den Sensoren, sondern auch mit dem automatischen Notbremsassistenten vernetzt und zieht den Insassen mit genau dosierter Kraft in die richtige Position und hält ihn dort während des Bremsmanövers. Im Falle eines anschließenden Crashs kann die danach einsetzende pyrotechnische Straffung und das gesamte Rückhaltesystem die ideale Wirkung entfalten und so die Unfallfolgen minimieren.

Der Gurt rüttelt wach: Bis zu 36 Meter Sicherheitspuffer bei 130 km/h


Ebenso lässt sich das Gurtsystem mit dem ACR8 als haptischer Signalgeber nutzen, beispielsweise zur Warnung oder Informationsvermittlung. Es kann Lenkende bei Müdigkeit „wachrütteln“ oder beim Wechsel vom automatisierten zum manuellen Fahren durch hochfrequentes Pulsieren des Gurtbands darauf aufmerksam machen, dass der Fahrer wieder die Kontrolle übernehmen muss. So kann das Gurtsystem in die Benutzerschnittstelle automatisierter Fahrzeuge eingebunden werden, um die Aufmerksamkeit des Fahrers zu erlangen. In Versuchen hat ZF dabei eine Verkürzung der Reaktionszeit um bis zu eine Sekunde gegenüber optischen oder akustischen Signalen gemessen. Bei Richtgeschwindigkeit auf der Autobahn entspricht das einer Strecke von 36 Metern.

 

Dazu hat ZF einen heizbaren Gurt entwickelt. Kombiniert man jetzt beides, bringt man auch das Thema Gurt wieder einen großen Schritt weiter!

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