Fahrbericht zum Dacia Jogger Hybrid 140

Eine Stärke der Franzosen waren siebensitzige Großkombis für die ganze Familie, „familiale“ genannt. Mit dem Dacia Jogger knüpft der Renault-Konzern daran an – und bringt mit dem 140 Hybrid ein stärkeres und sparsameres neues Topmodell.

 

Elektriker unter sich: Der Dokker Hybrid 140 trifft auf die 1904 errichtete Tram der "Sintra Atlantico". | Foto: G. Soller
Elektriker unter sich: Der Dokker Hybrid 140 trifft auf die 1904 errichtete Tram der "Sintra Atlantico". | Foto: G. Soller
Redaktion (allg.)
(erschienen bei VISION mobility von Gregor Soller)

Dacia rüstet den Jogger auf und implantiert dem neuen Topmodell das Hybridherz, das man von Mutter Renault kennt, heißt: Der 1,6-Liter-Benziner mit eher dezenten 69 kW (94 PS) und zurückhaltenden 148 Nm Drehmoment, die ab 3.200/min. anliegen, wird um zwei E-Maschinen ergänzt, die 36 kW (49 PS) und 15 kW (20 PS) leisten. Hört sich komplex an, weshalb man auch die Systemleistung nicht einfach seriell aufaddieren darf – im Verbund macht das Maschinentriple aber ordentliche 104 kW (141 PS) und 205 Nm los. Damit erfüllt man auch die beiden Kundenwünsche nach mehr Power und einem Automatikgetriebe.

Dacia verspricht deutlich geringere Verbräuche

Das reicht für einen Sprint in 9,8 Sekunden auf 100 km/h und abgeregelte 167 km/h Topspeed. Wichtiger ist aber der gegenüber den anderen Benzinern massiv gesenkte Verbrauch, den Dacia mit 4,8l/100 km angibt, was 108 Gramm CO2 entspricht. Zum Vergleich: Die Flüssiggasversion TCe 100 Eco-G liegt bei 7,7-7,8 (6,0-6,1) l/100 km, was 119 bis 121 respektive 136 bis 138 Gramm CO2 entspricht. Der Benziner TCe 110 verbraucht im Mix 5,7l/100 km, was 129 bis 130 Gramm CO2 wären. Real sind es eher über sechs Liter, womit das neue Topmodell nicht nur auf dem Papier fast einen Liter Sprit auf 100 km sparen soll.

Die praktische Großkombikarosserie blieb unverändert: Mit 4,55 Meter Länge, 1,78 Meter Breite und üppigen 1,67 Metern Höhe sowie langen 2,90 Meter Radstand bietet er für das „Kompaktsegment“ aus dem er stammt, ein sehr großzügiges Raumangebot mit Platz für bis zu sieben Personen, bis zu 1.819 Liter Ladevolumen und einer Ladelänge von bis zu zwei Metern. Dank des nahezu senkrechten Heckabschlusses konnten die Entwickler eine dritte Sitzreihe realisieren.

Trotz Akku extrem viel Platz innen

Den 1,2 kWh Kapazität bietenden Akku „versenkte“ man im Heck unterflur, wo beim TCe 100 Eco-G der Gastank und beim TCe 110 das Reserverad lagern. Insofern geht vom majestätischen Ladevolumen nichts verloren. Die dritte Sitzreihe ist bei allen dreien etwas umständlich auszuklappen und zu erreichen, bietet aber auch größeren Passagieren genug Platz, sofern diese dort nicht allzu lange Strecken verbringen müssen.

Etwas gespart hat Dacia auch bei den eher einfach gepolsterten und ohne Lordhosenstütze verbauten, nicht allzu großen Sitzen und bei den „Alus“, die sich als Radkappen entpuppen, die man einfach auf eine entsprechend gestaltete sternförmige Stahlfelge gesetzt hat. Die Illusion funktioniert perfekt, zumal der „Extreme“ im gleichen 16-Zöller-Format eine ähnliche Optik in schwarz zur Schau trägt. Dazu kommt eine solide Dachreling mit 80 Kilogramm Traglast. Jogger Expression, Extreme und Extreme+ verfügen über eine modulare Ausführung mit Längsträgern, die sich durch wenige Handgriffe in ein Dachträgersystem mit Querträgern umwandeln lässt.

Auch die Bodenfreiheit passt, zumal das Fahrwerk gut abgestimmt wurde: Dacia fand eine sehr gute Synthese aus straffer, aber doch komfortabler Abstimmung, die den nur knapp 1,5 Tonnen wiegenden Brocken kompakt und leicht wirken lässt. Nicht ganz dazu passen die etwas zu indirekte Lenkung und der bisweilen etwas aufheulende Antrieb. Er sucht, auch um die E-Maschinen immer gut zu boosten, bisweilen auch höhere Drehzahlregionen auf, bevor er sich wieder zurückzieht und an die E-Maschinen übergibt. Woraus dann ein Verbrauch von 4,5 l/100 km resultiert – und dass, obwohl wir gut 90 der rund 150 Testkilometer rein elektrisch (!) unterwegs waren. Tatsächlich joggt der Jogger so oft es geht rein elektrisch – und das nicht nur in der Stadt, sondern auch auf der Autobahn, wo er den Verbrenner auch bei 120 km/h plus x wegknipst – sobald man das Gaspedal etwas lupft.

Der Hybrid rekuperiert, wo er kann

Womit er den Fahrer zu einer eher „pumpenden“ Fahrweise erzieht, denn sobald man den Fuß vom Gas nimmt, wird elektrisch gejoggt. Und das im „rekuperierenden“ B-Modus noch häufiger als auf „D“, weshalb wir immer zum „B-Mode“ raten würden.

Weniger genügsam gejoggt wird dann auf langen Autobahnpassagen, wo er Benziner leider öfter ran muss. Und auch das „Blending“ der einzelnen Maschinen klappt nicht ganz so smart wie bei anderen Hybriden: Vor allem bei ganz langsamer Fahrt hört man immer mal wieder ein mechanisches Ein- und Ausrücken der Antriebe, was uns beim motorisch gleichen Clio auch schon auffiel. Und eben umso mehr auffiel, als der Jogger durch Innenstädte rein elektrisch flüsterleise „joggt“ und damit kaum Geräusche von sich gibt. Und weil wir schon beim Mäkeln sind: Die Fußmatten im Beifahrerbereich quietschten und knarzten seltsam...

Fahrerassistenzsysteme gibt es kaum

Sehr erfrischend ist dagegen die weitgehende Absenz von Fahrassistenten: Nie nervt der Jogger auf engen Straßen mit Piepen oder Lenkeingriffen. Es gibt Tote-Winkel-Warner in den Spiegeln und ein Piepen, wenn das eher langsame und einfach strukturierte, süß lispelnde Navi fest montierte Blitzer entdeckt, aber das war es schon. Reduziert man die Geschwindigkeit in Folge nicht, piept der Jogger laut weiter.

Völlig begeistert waren wir von der Klimaregelung: Drei Rändel, blind bedienbar plus ein kleiner Taster für die Klimaanlage – wie einfach und genial ist das denn? Womit wir neben der Raumausnutzung und dem Fahrgefühl bei der größten Stärke des großen Jogger wären: Seiner unverkrampften und gewichtsmäßigen Leichtigkeit des Seins, verbunden mit großer Hilfsbereitschaft: Der komplette Umzug einer Studentenbude oder sechs Passagiere an Bord? Lang lebe der Familiale!

Die Preise bleiben moderat: das Topmodell „Extreme“ kostet als Siebensitzer 25.800 Euro brutto

Jetzt müssen Sie nur noch selbst entscheiden, ob Ihnen die Verbrauchsersparnis, das Quäntchen Extra-Power und die Automatik die rund 5.000 Euro Aufpreis wert sind – denn ganz so günstig wie einst gehen Dacias elektrisierte Laufschuhe leider auch nicht mehr daher. Die Preise starten bei 23.800 Euro brutto für den Fünfsitzer Expression, das sind exakt 20.000 Euro netto. Womit der Hybrid brutto satte 4.800 Euro teurer kommt als der TCe 110 und 5.200 Euro mehr kostet als der Flüssiggaser TCe 100 Eco-G. Der startet als nackter „Essential“ übrigens bei fast unglaublichen 16.800 Euro netto, das sind knapp 14.118 Euro netto. Der Siebensitzer kostet je 1.000 Euro brutto oder gut 840 Euro netto mehr. Auch die Garantie stimmt: Drei Jahre oder 100.000 Kilometer sind ein Wort! Es lebe die Familie!

Wer keinen SUV will, aber sieben Sitze und extrem viel Laderaum zum fairen Tarif ist hier richtig! Zumal mit dem Jogger Hybrid wirklich sparsam gejoggt werden kann – vor allem auf den kleinen „Marathons“ des Alltags. Ein Extralob gebührt Dacia für die einfache Bedienung und das geniale Package, das extrem viel Raum auf vernünftigen Außenmaßen bietet.

Ein kleiner Wermutstropfen für Taxi- und Mietwagenbetriebe: Noch immer hat der Renault-Konzern es nicht geschafft, für den Dacia Jogger ein Wegstreckensignal zu liefern, an dem die Umrüster andocken können. Daher könnte man ihn derzeit höchstens für Verkehre einsetzen, für die man keinen Wegstreckenzähler braucht.

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