Rechtsgutachter pro und contra Mindestpreise für Mietwagen

Auf Mindestpreise für Mietwagen wird das Taxigewerbe vielerorts wahrscheinlich noch lange warten müssen. Derzeit tobt eine juristische Gutachterschlacht zwischen beiden Seiten, die die örtlichen politischen Gremien und die Verwaltungen verunsichert.

Mindestpreise ja oder nein – die Schlacht um die juristische Deutungshoheit ist unvermindert in vollem Gange. (Foto: pixabay)
Mindestpreise ja oder nein – die Schlacht um die juristische Deutungshoheit ist unvermindert in vollem Gange. (Foto: pixabay)
Matthias Roeser

Den Aufschlag machte die Mietwagenbranche im Dezember 2022 mit einem Gutachten der Anwaltskanzlei Freshfield Bruckhaus Deringer. Hauptargument gegen Mindestbeförderungsentgelte ist aus Sicht der Autoren, dass dieser Schritt tief in die grundgesetzlich garantierte Freiheit der Berufswahl eingreift, vor allem dann, wenn diese Mindestpreise über dem Taxitarif liegen. Das Personenbeförderungsgesetz (PBefG) erlaube Mindestpreisregelungen (§51a PBefG) nur zum Schutz der „öffentlichen Verkehrsinteressen“, nicht aber zum Schutz des Taxigewerbes, so die Autoren. Das Unterbieten der Preise von Wettbewerbern zum Zwecke der Steigerung des eigenen Absatzes sei im Grundsatz legitim.

Rechtlich vertretbar seien Mindesttarife nur dann, wenn sie zum Ziel haben, langfristig angebotene Kampfpreise zur Marktverdrängung anderer Marktteilnehmer zu verhindern. Um die öffentlichen Verkehrsinteressen zu gewährleisten, sei gemäß dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz aber zunächst mit der im PBefG ebenfalls angelegten Flexibilisierung der Taxitarife zu reagieren (§ 51 Absatz 1 Satz 4).

Ein Bündnis mehrerer Taxizentralen konterte mit einem Gutachten der Anwaltskanzlei Kleiner. Hauptargument der Autoren ist, dass das Bundesverfassungsgericht das Taxi in der Vergangenheit als „überragend wichtiges Gemeinschaftsgut“ eingestuft hat – im Gegensatz zum Mietwagen. Die Mindestpreis-Option in § 51a des PBefG sei daher sehr wohl zum Schutz des Taxigewerbes bestimmt. Der Gesetzgeber sehe in Großstädten ab 100.000 Einwohner ab einem Mietwagen-Anteil von 25 Prozent am Fahrtaufkommen im Gelegenheitsverkehr eine Beeinträchtigung des öffentlichen Verkehrsinteresses als gegeben an. Damit ergebe sich auch ein zwingender Handlungsauftrag für die Verwaltung. Anders als Freshfields kann Kleiner aus dem Gesetzestext auch keine Vorgabe herauslesen, zunächst den Taxitarif zu flexibilisieren, bevor zum scharfen Schwert des Mindestpreises gegriffen wird.

Auch bei der Frage, wie hoch ein Mindestpreis angesetzt werden darf, liegen Freshfields und Kleiner auseinander. Freshfields sieht die Untergrenze bei den variablen Durchschnittskosten, Kleiner bei den Gesamtkosten einschließlich angemessener Verzinsung. Zu berücksichtigen ist laut Kleiner außerdem, dass der Mietwagenunternehmer mangels Deckelung des Entgeltes nach oben immer die Möglichkeit hat, einen höheren Preis als das Mindestbeförderungsentgelt zu verlangen.

Beide Gutachten leiden allerdings darunter, dass sie teilweise Belege heranziehen, die bei näherer Prüfung nicht das Gewicht haben, das ihnen die Autoren beimessen. Ob zwei weitere bisher unveröffentlichte Gutachten – Prof. Matthias Knauff nah an der Taxibranche, die Kanzlei Oppenländer für den Plattformanbieter Bolt – in dieser Hinsicht sauberer sind, wird sich zeigen.

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