Tolle Ideen müssen sich auch verkaufen: Interview mit Zhang Fan, Vice President Research & Development GAC Auto

Zhang Fan war der erste Designer mit chinesischen Wurzeln, der direkt von der Hochschule Pforzheim zu Mercedes-Benz abgeworben wurde. Dort arbeitete er von 2003 bis 2011, bevor er zu GAC wechselte, wo er unter anderem für das Designstudio in Mailand verantwortlich ist. Wir haben mit dem Designer über Designphilosophie der Marke und dem USP des Designs gesprochen.

Im Interview mit VM-Chefredakteur Soller (re.) nahm sich Zhang Fan viel Zeit. Beide eint das Studium des Industriedesigns. (Foto: D. Wollstein)
Im Interview mit VM-Chefredakteur Soller (re.) nahm sich Zhang Fan viel Zeit. Beide eint das Studium des Industriedesigns. (Foto: D. Wollstein)
Redaktion (allg.)
(erschienen bei VISION mobility von Gregor Soller)

GAC begann ganz ursprünglich mit Modellen von Peugeot! Womit sich in Paris ein kleiner Kreis schließt. Es folgten Kooperationen mit Honda und Toyota, die bis heute andauern. Ab 2006 kamen eigene Modelle hinzu, GAC wird 2024 sozusagen „erwachsen“ und produzierte 2023 mit allen Kooperationen über zwei Millionen Einheiten.

Wie würden Sie das GAC-Design in drei Worten beschreiben?

Zhang Fan: Puh, das ist schwierig. Ich habe da schon oft drüber nachgedacht und würde es in dem einen Satz zusammenfasen: GAC liebt Design. Das sind ja auch drei Worte! GAC ist unser Startpunkt und man braucht Liebe oder Leidenschaft, um einen guten Job im Design zu machen. Was insofern nicht mehr ganz so leicht ist, als der Konkurrenzkampf stark zunahm und sich viele EV-Fahrzeuge speziell in China immer mehr ähneln. Wie kann man sich da differenzieren? Dazu braucht es Mut, doch unter den aktuellen Umständen agieren Designer, Entwickler und Vorstände tendenziell eher vorsichtig und konservativ. Was, wenn die tolle Idee sich nicht verkauft? Hier herrscht aktuell viel Unsicherheit, weshalb wir hier unsere Stimme erheben müssen und ein Kommitment für die Leidenschaft abgeben müssen.

Hohe Worte, wie sieht das konkret aus?

Zhang Fan: Wir arbeiten global mit unterschiedlichsten Hintergründen. Die Frage ist jetzt – wie bringt man all diese tollen Ansätze und Hintergründe zusammen und schafft daraus universelle Werte? Die jeder versteht, die aber auch den Weg in die Zukunft zeigen, den wir gehen. Designer haben immer Leidenschaft für ihren Job. Dafür arbeiten sie gern auch mal länger, selbst, wenn sie für Überstunden nicht bezahlt werden. Das ist die Liebe zum Beruf und es ist schade, dass die Innovationen, die durch diese Leidenschaft entstehen können, gerade durch die weltweiten Unsicherheiten so ausgebremst werden. Denn die Leidenschaft für einen Beruf ist einer der weltweiten Kernwerte!

Diese Unsicherheiten beantworten auch ein Stück weit meine nächste Frage: GAC hatte ja wirklich wilde und bahnbrechende und aufsehenerregende Studien gezeigt. Dagegen wirkt der Aion V ja vergleichsweise brav?

Zhang Fan: Sie haben ein gutes Auge für unsere Entwicklung, danke dafür! Der Grund dafür ist neben den Vorhergehenden, dass der Aion V ein praktisches und erschwingliches Auto werden sollte. Dazu bietet die neue Plattform einen guten Startpunkt. Ihm werden auf dieser Plattform eine Limousine, ein Hatchback und ein weiteres Modell folgen. Was uns wichtig war: wir wollten hier keinen aggressiven, sondern einen netten, offenen Charakter schaffen. Mit einem praktischen Ansatz.

Können Sie da konkreter werden?

Zhang Fan: Grundsätzlich gibt es beim Auto immer zwei Ansätze: Entweder nutze ich es als „Werkzeug“, dann muss es effizient und gut funktionieren oder ich nutze es als eine Art „Spielzeug“, dann steht der Spaß im Vordergrund. Der Aion V sollte ein effizienter elektrischer Alleskönner sein mit maximaler Innenraumausnutzung und sehr guter Aerodynamik.

Welchen cW-Wert hat er?

Zhang Fan (lächelt): 0,27…

Und das trotz des „aufrechten Charakters“?

Zhang Fan: Trotz diesem! Bei der Entwicklung des Aion V hatten wir zwei große Ziele: Erstens sollte er eine praktische Ergänzung zu bisherigen existierenden Modellen sein und zweitens den stereotypen EV-Look durchbrechen, der oft mit extrem flachen LED-Streifen arbeitet. Wir haben überlegt, wie wir das aufbrechen könnten, ohne einfach ein „weiteres schickes, aber doch optisch gleichförmiges Modell“ zu gestalten, das wieder „tekky“, aber damit auch irgendwo kalt aussieht. Wir wollten dem Modell einen menschlichen Touch und damit auch etwas Wärme geben.

Deshalb die großen Scheinwerfer mit den senkrechten LED-Streifen vorn, die wie offene Augen in die Welt blicken?

Zhang Fan: Genau! Wir haben hier festgestellt, dass vor allem die jüngere Generation auch cartoonhafte Details schätzt – die großen Augen aus Mangas zum Beispiel und deren klare Linien, die wir als differenzierende Charaktereigenschaften in den Aion V übersetzt haben.

Außerdem gelang es ihnen, in kleiner als den Vorgänger werden zu lassen. Gratulation dazu – wie gelang das?

Zhang Fan: Danke, dass Sie das bemerkt haben und ansprechen, es ist uns nämlich ein wichtiger Punkt. Dazu muss ich etwas weiter ausholen, denn auch in China dreht der Trend langsam um zu kleineren Modellen. Einerseits, weil die Verkehrswege nicht mit den Autos mitwachsen, andererseits müssen vor allem die elektrischen Fahrzeuge günstiger werden. Wenn man Größe spart, spart man Material, Gewicht und damit Kosten. Und damit auch wieder Akkugröße und nachdem die wegen der hohen Stückzahlen immer günstiger werden, noch mehr Kosten und Gewicht. Man muss es nur richtig angehen und erhält am Ende idealerweise ein absolut „rightgesiztes“ Fahrzeug. Womit wir wieder am Anfang unseres Gespräches wären: GAC liebt es, genau das zu gestalten!

Das Interview führte Gregor Soller am Rande der Paris Motor Show in der französischen Hauptstadt

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