Taxi-Dachverband: Gutachten zu Mietwagen-Mindesttarifen

Der Stuttgarter Anwalt und PBefG-Kommentator Prof. Dr. Holger Zuck hat im Auftrag des Bundesverbandes Taxi und Mietwagen e.V. (BVTM) juristisch geprüft, wie sich Mindesttarife für Mietwagen umsetzen lassen.

Unter welchen Umständen Mindestpreise für Mietwagen festgelegt werden dürfen und wie hoch sie sein könnten, ist unter den Juristen der Verbände und von Uber sehr umstritten. (Symbolfoto: Dietmar Fund)
Unter welchen Umständen Mindestpreise für Mietwagen festgelegt werden dürfen und wie hoch sie sein könnten, ist unter den Juristen der Verbände und von Uber sehr umstritten. (Symbolfoto: Dietmar Fund)
Dietmar Fund

Seit der Novelle des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) im Sommer 2021 haben Kommunen die Möglichkeit, zum Schutz der öffentlichen Verkehrsinteressen tarifbezogene Regelungen und insbesondere einen Mindesttarif für Mietwagen vorzuschreiben. Davor schrecken aber noch viele Genehmigungsbehörden zurück, weil sie Klagen gegen eine solche Regelung befürchten. Diese Befürchtungen hat Uber 2022 durch ein juristisches Gutachten der internationalen Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer noch zu schüren versucht.

Der Bundesverband Taxi und Mietwagen e.V. (BVTM) hat deshalb beim renommierten Stuttgarter Anwalt und PbefG-Kommentator Prof. Dr. Holger Zuck seinerseits ein Gutachten in Auftrag gegeben. Laut einem Mitglieder-Rundschreiben des Verbandes vom 4. April 2023 benennt Zuck in seinem Gutachten vom 31. März 2023 die Voraussetzungen für die Einführung von Mindestentgelten für „plattformbasierte“ Mietwagen und gibt Empfehlungen, wie dieses neue Instrument rechtssicher umgesetzt werden kann. Das soll die Arbeit der dem BVTM angeschlossenen Landesverbände und Taxizentralen vor Ort unterstützen.

BVTM-Geschäftsführer Michael Oppermann hebt in seinem Rundschreiben folgende drei Kernaussagen des Gutachtens hervor:

  • Als öffentliche Verkehrsinteressen gelten der Schutz des ÖPNV und der Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxigewerbes.
  • Das Festlegen vom Mindestentgelten setzt belastbare Zahlen voraus bezüglich einer Fahrgastverlagerung, der Funktionsfähigkeit des Taxigewerbes und der Entwicklung der Konzessionszahlen. Eine entsprechende Fahrgastverlagerung kann durch eine repräsentative Umfrage unter den Fahrgästen des Mietwagenverkehrs nachgewiesen werden. Zur Untersuchung der Funktionsfähigkeit des Taxigewerbes können Umsatzzahlen des örtlichen Taxigewerbes herangezogen und mit denen vorangegangener Zeiträume verglichen werden. Eine Zunahme der Zahl der Mietwagengenehmigungen kann zumindest als Indiz für eine Konkurrenzierung des ÖPNV oder des Verkehrs mit Taxen herangezogen werden.
  • Mindestentgelte dürfen sich nicht auf solche Verkehre erstrecken, die ihrem Wesen nach nicht mit dem ÖPNV oder dem Verkehr mit Taxen im Wettbewerb stehen. Das ist zum Beispiel bei Rollstuhlfahrten der Fall.

Nach Meinung Oppermanns widerlegt das Gutachten von Prof. Dr. Zuck einige von Uber gestreute Aussagen. So lasse es sich aus dem Gesetz nicht herleiten, dass zwingend der Taxitarif flexibilisiert werden müsse, bevor Mindestentgelte für Mietwagen erlassen werden. Ein Mindestentgelt oberhalb der Hälfte des Taxitarifs auszuschließen, sei aus dem Gesetz ebenfalls nicht ableitbar. „Ein Mindestbeförderungsentgelt kann im Ergebnis auch ein höheres Niveau aufweisen als der örtliche Taxitarif“, heißt es dazu wörtlich im Gutachten.

Auf der Tagung der Taxi-Erfa-Gruppe Taxizentralen war kürzlich bekanntgegeben worden, dass eine Gruppe von deutschen Taxizentralen ein solches „Gegengutachten“ gegen Uber in Auftrag geben wolle und dafür noch Unterstützer suche, die sich an den Kosten beteiligen. Initiiert hatte dieses Gutachten der Düsseldorfer Kanzlei Kleiner Rechtsanwälte der Geschäftsführer von Rhein-Taxi, Michael Mühlin. Dr. Michael Stehr, Geschäftsführer der Fachvereinigung Personenverkehr Nordrhein Taxi-Mietwagen e.V., hat dem Vernehmen nach organisiert, dass sich insgesamt 18 Taxizentralen an der Finanzierung beteiligen. Dieses Gutachten soll dem Vernehmen nach Ende April vorliegen. Erarbeitet wird es von Dr. Lars Maritzen.

Das von Uber in Auftrag gegebene Gutachten von Freshfields Bruckhaus Deringer argumentiert unter anderem mit einem unverhältnismäßigen Eingriff in die Grundrechte der Mietwagenunternehmer, insbesondere in ihre Berufsfreiheit. Daher könne eine „Preisregulierung des Mietwagenverkehrs“ erst in einem zweiten Schritt zulässig sein, wenn sich zuvor eine „Flexibilisierung der Taxentgeltregulierung“ als zuzureichend erwiesen habe. Von vorherein unzulässig wären nach Meinung dieser Kanzlei Preisvorgaben „oberhalb oder auf der Ebene der Taxentarife“. Hier wird mit der „Preisbildungsfreiheit“ auch gegen einen verbindlichen Höchstabstand zwischen Taxi- und Mietwagenpreisen argumentiert. „Rechtlich vertretbar sind vielmehr allein Mindesttarife mit dem Ziel, langfristig angebotene Kampfpreise zur Marktverdrängung zu verhindern, wenn die Preisbildung nicht mehr auf einer nach kaufmännischen Grundsätzen vertretbaren Kalkulation beruht und auf die strukturelle Verdrängung von Wettbewerbern aus dem Markt gerichtet ist“, heißt es wörtlich in der Zusammenfassung der Kanzlei.

In Ihrem Gutachten werden Taxi-Halteplätze und die Möglichkeit, Fahrgäste auf Zuruf aufzunehmen, sowie die Rückkehrpflicht für Mietwagen als „erhebliche Wettbewerbsvorteile“ des Taxengewerbes bezeichnet. Die Preisgestaltung sei daher neben einer Qualitäts-Differenzierung und der komfortablen Bestellung und Bezahlung per App nahezu die einzige Möglichkeit für Mietwagenunternehmer, sich überhaupt im Wettbewerb mit Taxen zu behaupten. Selbst die Differenzierung über die Vermittlung von Fahrten per App verliere zunehmend an Bedeutung, da mittlerweile auch funktional ähnliche Taxen-Apps zu Verfügung stünden.

Eine Festlegung von Mindestentgelten zum Schutze der öffentlichen Verkehrsinteressen sei allenfalls „bei gravierenden, nachhaltigen und nicht mehr umkehrbaren Marktverzerrungen“ zu gestatten. Solche Umstände müsse die Genehmigungsbehörde im Detail nachweisen, lautet einer der Kernsätze.

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