Paris sagt SUV den Kampf an und verdreifacht Parkgebühren

(dpa-AFX) Zwar stimmen nur sechs Prozent der Wahlberechtigten über die Frage der Erhöhung der Parkgebühren für SUV ab. Aber 55 Prozent befürworten die Maßnahme und so wird die französische Metropole einmal mehr zum Vorreiter der Mobilitätswende. 18 Euro pro Stunde werden im Zentrum für einen Geländewagen fällig. Hannover plant Verteuerung.

Wer viel Platz braucht, der zahlt - künftig dreifach: Paris erhöht die Parkgebühren für Geländewagen massiv. | Foto: Maire de Paris
Wer viel Platz braucht, der zahlt - künftig dreifach: Paris erhöht die Parkgebühren für Geländewagen massiv. | Foto: Maire de Paris
Redaktion (allg.)
(erschienen bei VISION mobility von Johannes Reichel)

Seit Jahren kämpft die Pariser Stadtverwaltung für eine Verkehrswende und weniger Autoverkehr - nun sind SUV von einer drastischen Entscheidung betroffen, die auch in Deutschland aufhorchen lässt. Bei einer Bürgerbefragung hat sich eine Mehrheit am Sonntag für eine Verdreifachung der Parkgebühren für schwere Stadtgeländewagen ausgesprochen. Damit setzte sich die Stadtverwaltung mit ihrem Plan durch, für einstündiges Parken von SUV und anderen schweren Autos im Zentrum 18 Euro statt üblicherweise 6 Euro zu verlangen und in den Außenbezirken 12 Euro statt 4 Euro. Für sechs Stunden Parken im Zentrum werden gar 225 Euro statt bislang 75 Euro fällig. Die neue Regelung soll ab dem 1. September greifen.

Rund 1,3 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner der Hauptstadt waren zu der Abstimmung unter dem Motto "Mehr oder weniger SUV in Paris?" aufgerufen. Rund 54,5 Prozent stimmten für die Erhöhung der Parkgebühren, rund 45,5 Prozent dagegen. Die Beteiligung an der Abstimmung lag allerdings nur bei knapp sechs Prozent. Einwände, dass das Ergebnis damit kaum repräsentativ sei, wollte die Stadtverwaltung nicht gelten lassen. Schließlich hätten Zehntausende Menschen die Möglichkeit der direkten Bürgerbeteiligung genutzt.

"Die Pariser sind die Avantgarde einer Bewegung, viele Städte werden sicher nachziehen", sagte Bürgermeisterin Anne Hidalgo nach dem Entscheid. "Sie wollen diesen schweren Autos in den Straßen den Platz nehmen, aus Umweltgründen und wegen der Sicherheit." Die Entscheidung sei gut für den Planeten und für die Gesundheit.

Die schweren Karossen sorgten für eine erhöhte Umweltverschmutzung, beanspruchten viel öffentlichen Raum und gefährdeten die Verkehrssicherheit, argumentiert die Stadt. Dieselben Kritikpunkte werden auch in Deutschland immer wieder vorgebracht. Den Sondertarif für SUV in Paris sollen ausschließlich Besucher bezahlen. Anwohner sollen ebenso ausgenommen werden wie Handwerker und Pflegedienste. Greifen soll der Tarif für Verbrenner- und Hybridmodelle mit einem Gewicht ab 1,6 Tonnen und Elektromodelle ab zwei Tonnen Gewicht. Für private Parkhäuser gilt die Regelung nicht.

Kampf gegen SUV als Teil der Verkehrswende

In Paris ist der Kampf gegen SUV Teil einer Verkehrswende, die schon seit Jahren von der sozialistischen Bürgermeisterin Hidalgo und der rot-grünen Stadtregierung vorangetrieben wird. Bisher nicht erläutert wurde, wie die Überwachung der neuen Parkgebühren genau funktionieren wird. Wer in Paris parkt, gibt am Parkautomaten das Kennzeichen seines Wagens ein und bezahlt für die gewünschte Zeit. Politessen sind seit einigen Jahren Geschichte. Videokontrollwagen fahren durch die Straßen und erfassen die Kennzeichen aller abgestellten Fahrzeuge. Wer nicht gezahlt hat, bekommt ein Knöllchen zugeschickt. Bei diesem System müsste es mit dem Kennzeichen künftig auch Zugriff auf den Fahrzeugtyp geben - und wie es sich mit ausländischen Kennzeichen verhält, ist eine weitere Frage.

 

Hannover will Parken für SUV verteuern

Auch Deutschland schaut auf die Pläne in Paris. Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) etwa plädiert dafür, das Parken für SUV zu verteuern. Die Pariser Bürgerbefragung zeige, dass die Debatte um den knappen öffentlichen Raum und eine angemessenere Bepreisung fürs Parken geführt werden müsse, sagte er. Vor dieser Herausforderung stünden alle europäischen Großstädte. Ebenfalls mit Blick nach Paris hatte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) jüngst alle deutschen Städte dazu aufgerufen, höhere Parkgebühren für immer größer werdende Stadtgeländewagen festzulegen.

"Diese Monster-SUV blockieren zunehmend Gehwege und Grünflächen und gefährden Menschen, die zu Fuß oder auf dem Rad unterwegs sind", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.

ADAC hält höhere Parkgebühren für keine geeignete Lösung

Der Allgemeine Deutsche Automobilclub (ADAC) hält höhere Parkgebühren dagegen für keine geeignete Lösung. Sein Einwand: Betroffen davon wären auch Fahrzeuge, bei denen es sich nicht um klassische SUV handelt. Skeptisch äußerte sich der Deutsche Städte- und Gemeindebund. Eine Staffelung von Parkgebühren nach Fahrzeuggröße sei in der Praxis schwer umzusetzen und werde bislang von nur wenigen Städten angestrebt. Das Bundesverwaltungsgericht habe 2023 festgestellt, dass Gebührensprünge orientiert nach Fahrzeuglänge nicht zu groß sein dürften. Eine rechtswidrige Ungleichbehandlung müsse ausgeschlossen sein.

Heftige Kritik erntete die Stadtverwaltung schon vor der Abstimmung. Der Automobilclub "40 millions d'automobilistes" schob bereits eine Petition gegen höhere Parkgebühren für schwere Wagen an, die außer in Paris auch etwa in Lyon, Bordeaux und Grenoble geplant sind. "Machen Sie sich nichts vor: Dieser Kampf gegen SUV ist nur ein Hintertürchen, um das Auto als Ganzes auszurotten", tönte der Club.

Internationale Energieagentur befürwortet SUV-Reglementierung

Unterstützung erhielt das Pariser Vorgehen allerdings vom Chef der Internationalen Energie-Agentur (IEA), Fatih Birol. Er forderte ein staatliches Eingreifen gegen die wachsende Verbreitung von Stadtgeländewagen (SUV). "Es ist von entscheidender Bedeutung, die Probleme zu lösen, die sie in Bezug auf den zusätzlichen Energiebedarf, den beanspruchten öffentlichen Raum und die zusätzliche Gefährdung von Fußgängern mit sich bringen", sagte Birol der Zeitung "Les Échos". Staaten sollten Kunden vom Kauf eines SUV abraten und angesichts des Trends zu den schweren Wagen regulierend eingreifen. Das könne in Form einer höheren Besteuerung oder höherer Parkgebühren geschehen.

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