Rollstuhltaxis: Die richtige Sicherung sollte man unbedingt lernen

Ein Seminar der BG Verkehr zeigte 13 Teilnehmenden, wie man Rollstühle und Rollstuhlfahrende korrekt sichert und brachte viele Tipps zum Umgang mit der Vielfalt von Rollstühlen.

Christian Ecke (mit Warnweste links) und Matthias Koch (mit Warnweste rechts) organisierten das Seminar als Referenten der BG Verkehr. Kai Hemmioltmanns (2.v.l.) und Jens Specketer von AMF-Bruns (3.v.l.) hatten die beiden Fahrzeuge mitgebracht. (Foto: Dietmar Fund)
Christian Ecke (mit Warnweste links) und Matthias Koch (mit Warnweste rechts) organisierten das Seminar als Referenten der BG Verkehr. Kai Hemmioltmanns (2.v.l.) und Jens Specketer von AMF-Bruns (3.v.l.) hatten die beiden Fahrzeuge mitgebracht. (Foto: Dietmar Fund)
Dietmar Fund

Rollstuhlfahrende, die sich noch auf einen Fahrzeugsitz umsetzen können, sollten unbedingt dort befördert werden. Ist das Umsetzen nicht möglich, bieten Rollstühle mit Kraftknoten den größten Schutz. Haben sie das nicht, ist größte Umsicht geboten, um den Rollstuhl und den Fahrgast zu sichern. Das war die „rote Linie“, die sich durch das Seminar mit dem Titel „Sicher und gesund bleiben bei der Beförderung mobilitätseingeschränkter Personen“ zog, das die BG Verkehr vom 10. bis zum 12. Oktober 2023 im Hotel Stockhausen im sauerländischen Sellinghausen veranstaltete.

Matthias Koch hatte das Seminar organisiert und Christian Ecke stand ihm als Co-Referent zur Seite. Der in Duisburg stationierte Koch ist in der Präventionsabteilung der BG Verkehr für Kraftfahrzeuge zur Beförderung mobilitätseingeschränkter Personen (KMP) und für Fahrdienste verantwortlich und arbeitet auch im DIN-Normenausschuss für diese Kategorie mit. Ecke beschäftigt sich von Berlin aus mit dem Krankentransport, dem Rettungsdienst und den Bestattern. Unterstützung bekamen sie bei praktischen Übungen an einem VW Caddy Maxi mit Heckausschnitt und einem VW Crafter mit Systemboden und Hecklift von Kai Hemmioltmanns, Leiter After Sales Hubmatik und Schulungsleiter von AMF-Bruns, und seinem Technischen Berater Jens Specketer.

Mit ihrem Erfahrungsschatz erläuterten zunächst die beiden Referenten der BG und dann Kai Hemmioltmanns im Schulungsraum, dass es bei der Beförderung von Rollstuhlfahrenden darum geht, den Rollstuhl und die Fahrgäste an sieben Punkten zu sichern. Nach dem Einfahren in den Heckausschnitt beziehungsweise dem Positionieren in größeren Transportern solle man die Rollstuhlbremse anlegen und den Rollstuhl mit zwei Retraktoren hinten befestigen und die lose anziehen. Sie sollten möglichst in einer Flucht mit dem Rollstuhl liegen, während die beiden Retraktoren vorne möglichst seitlich nach außen versetzt in der Bodenschiene verankert werden sollten, weil das den Rollstuhl in Kurven besser festhält. Ist das erledigt, solle man die Rollstuhlbremse lösen und die Retraktoren fest anziehen. Danach sollte die Rollstuhlbremse wieder angelegt werden, damit der Rollstuhl beim Lösen am Zielort nicht wegrollen kann.

Wenn der Rollstuhl bereits einen Beckengurt hat, sollte man bei ihm auf einen korrekten Sitz auf den Beckenknochen achten, weil der am meisten Belastungen aufnehmen kann. Das gilt auch, wenn man einen im Fahrzeug befestigten Beckengurt anlegen muss. Da man bei dieser Prozedur unter Umständen den Fahrgast berühren muss, besonders in den engen Fahrzeugen mit Heckausschnitt, sollte man ihm unbedingt erklären, was man da gerade tut, um Missverständnisse zu vermeiden.

Das gilt auch für den letzten Sicherungsschritt, das Anlegen des Schulterschräggurts. Er muss unbedingt über die Schulter des Fahrgasts verlaufen, um seine Wirkung entfalten zu können. Keinesfalls darf er über die Armlehne oder die Räder hinweg verlegt werden, sondern er muss immer eng am Körper hinter der Armlehne vorbei verlaufen. Der Beckengurt und der Schulterschräggurt zusammen sind dann eine Art „zweigeteilter Dreipunktgurt“ und sind dann als Rückhaltesystem mit dem herkömmlichen Dreipunkgurt der Seriensitze vergleichbar.

Manche Rollstuhlhersteller markieren die festen Rahmenpunkte, an denen man Rollstühle ohne Kraftknotensystem sichern darf, mit einem Hakensymbol. Weil es Fahrdienste aber mit einer Vielzahl von Rollstühlen zu tun bekommen, sollten sie bei ihren Auftraggebern wie Behinderteneinrichtungen oder den Eltern von Schulkindern nachfragen, ob deren Rollstühle für die Beförderung in Fahrzeugen überhaupt zugelassen sind, rieten die drei Experten. Das gelte auch bei Kopfstützen an den Rollstühlen, die als medizinische Produkte zwar keine Schutzwirkung haben, aber nicht abgenommen werden dürfen. Erst recht sollte man sie auf die hohe Schutzwirkung von Kopf-Nackenstützen hinweisen, obwohl die nirgendwo vorgeschrieben seien. Sie verhinderten Schleudertraumata beim einem Heckaufprall, die starke gesundheitliche Beeinträchtigungen und hohe Folgekosten bei der Behandlung nach sich ziehen könnten. Die vier Rollstuhl-Fachleute gaben bei dem Seminar viele weitere praktische Tipps weiter, über die tai heute in der November-Ausgabe ausführlich berichten wird.

Die  BG Verkehr veranstaltet solche Rolli-Seminare seit einigen Jahren zweimal jährlich im Frühjahr und im Herbst. Für beide Termine im kommenden Jahr (3. bis 5. April und 22. bis 24. Oktober 2024) kann man sich bereits anmelden.

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