Wie in vielen ländlich geprägten Regionen ist das normale Taxigeschäft auch in der Kleinstadt Saalfeld mit ihren 25.000 Einwohnern kein tragfähiges Fundament für die Entwicklung eines Unternehmens mehr. Das hat Bernd Lange schon früh erkannt. Der ehemalige Lkw-Fahrer war im März 1990 als Taxiunternehmer mit zwei Taxen gestartet. Er hatte auf Initiative des späteren ersten Vorsitzenden Rainer Heunemann im September 1990 zusammen mit 26 eigenständigen Unternehmern die Taxi-Union Saalfeld e.V. ins Leben gerufen. Auf Initiative Langes entstand zwei Jahre später die Taxizentrale. Bald stellte Lange fest, dass die Organisationsform als Verein viele Entscheidungen blockiert und ein Verein nicht wirklich effektiv ist. Im Juni 2009 trat er aus und gründete die Taxizentrale Saale Taxi. Sie und eine Betriebswerkstatt fungieren als unselbständige Niederlassungen der schon 1999 gegründeten Lange & Lange GbR, die zu 75 Prozent dem Seniorchef und zu 25 Prozent seinem Sohn Peter gehört.
Schon als Inhaber der Zentrale der Taxi-Union hatte sich Bernd Lange nach neuen Geschäftsfeldern umgetan und beispielsweise Verträge mit der Post und der Bundesbahn geschlossen. Ein Zwickauer Vertreter der Post brauchte damals Fahrzeuge für die Fahrt von Postbediensteten von Saalfeld ins Briefzentrum Nohra. Aus diesem Kontakt ergaben sich Aufträge für die Beförderung von Briefen und Paketen vom Saalfelder Stützpunkt der Post in die Region und das Leeren von Briefkästen, die die Lange & Lange GbR übernehmen konnte und nun schon seit 20 Jahren abwickelt.
Heute befördert das Unternehmen von Montag bis Freitag auf vier und an Samstagen auf drei festen Touren gelbe Kisten mit Post und Paketen, die von der Post in Saalfeld vorsortiert wurden, zu Verteilerkästen in der Region. Von dort starten die Briefträger ihre Zustelltouren und stellen die leeren Kisten wieder in den Verteilerkasten, wo sie der Fahrer von Lange & Lange mitnimmt. Zusätzlich muss er entlang der Touren gemäß den Tourenplänen der Post auch fertig bepackte Behältnisse und Pakete bei Postagenturen und bei Gewerbekunden abholen und auf der Tour liegende Briefkästen leeren.
Diese Verteilertouren am Vor- und am Nachmittag dauern in der Regel drei bis vier Stunden und enden im Depot der Post. Lange & Lange setzt dafür sechs Fahrer ein, die der Post ein makelloses polizeiliches Führungszeugnis vorlegen müssen und dann ohne Ausbildung oder Prüfung einen Postausweis bekommen. Alle Kisten tragen einen Barcode. Ihn scannen die Fahrer bei allen Abholungen und allen Anlieferungen, um die Einhaltung der vorgegebenen Zeiten zu dokumentieren und die Nachverfolgung der Sendungen zu gewährleisten. Die Hauptlast dieser Aufträge trägt ein Mercedes-Benz Sprinter, den Lange & Lange als „Gütertaxi“ bezeichnet. Außerdem wird dafür ein Mercedes-Benz Vito eingesetzt, der auch in Tiefgaragen einfahren kann. Zudem passen die Post-Sendungen auch noch in die Kleinbusse, die das Unternehmen als Mietwagen einsetzt.
Da bei allen Post-Aufträgen nur relativ wenige Kilometer gefahren werden, kalkuliert Peter Lange sie mit einem bestimmten Betrag pro gefahrener Stunde. „Bislang konnten wir immer auskömmliche Preise durchsetzen“, berichtet der Juniorchef. „Es gab natürlich auch Versuche, uns das Geschäft streitig zu machen, aber kleinere Betriebe haben bei Ausfällen und im Krankheitsfall Probleme. Unsere Flexibilität ist dabei von enormem Vorteil.“
Im Gegensatz zu diesen festen Touren ist ein Mobilitätsservice schwer kalkulierbar, den das Unternehmen am Bahnhof Saalfeld im Auftrag der Deutschen Bahn AG sowie der Privatbahnen Abellio und Erfurter Bahn bietet. Lange & Lange wird per E-Mail oder Fax benachrichtigt, wenn ein Rollstuhlfahrer am Bahnhof Saalfeld ankommt. Ein Mitarbeiter erkundigt sich dann unter einer speziellen Rufnummer, an welcher Stelle des Zuges der Rollstuhlfahrer aussteigt.
Er hilft ihm beim Ein- und Aussteigen am Zug. Selbstverständlich helfen die Taxifahrer auch beim Umsteigen, obwohl das nicht zum Mobilitätsservice gehört, der pauschal mit 15 Euro entlohnt wird. Die Pauschale gibt es auch, wenn der angekündigte Fahrgast doch nicht kommt. Das Unternehmen muss nach der geplanten Ankunft aber immer eine telefonische Rückmeldung geben. Mit der Weiterbeförderung in einem Rollstuhltaxi hat das nichts zu tun.
Für Abellio und die Erfurter Bahn befördert Lange & Lange auch Bahnbedienstete zum Beispiel nach Jena und springt für sie auch im Falle von Schienenersatz- und Busnotverkehren ein. „Unser Plus ist, dass wir außer drei Pkw und unserem Sprinter-Gütertaxi auch 18 acht- oder neunsitzige Kleinbusse haben“, erklärt Bernd Lange dazu. Diese Bahn-Aufträge könnten drei- bis viermal im Monat kommen, aber auch einmal drei bis vier Monate gar nicht. „Mit unserer Kleinbus-Flotte fahren wir im freigestellten Verkehr für mehrere Behinderten-Einrichtungen, was den Hauptanteil am Geschäft ausmacht“, berichtet Bernd Lange. „Unsere Auftraggeber sind Kindergärten, Schulen und eine Tagespflege der Diakonie.“ Auf 27 festen Touren werden rund 500 Behinderte täglich morgens zu den Einrichtungen und nachmittags wieder zurück gebracht.
Zwölf der dafür eingesetzten Kleinbusse haben eine Rampe und einen oder mehrere Rollstuhlplätze, obwohl Rollstuhlfahrer bei diesen Touren oft auch umgesetzt werden können. Ebenso wie die meisten dafür genutzten Fiat Ducato, Mercedes-Benz Vito und Mercedes-Benz Sprinter werden auch die ihnen zugeordneten Mitarbeiter nur morgens und nachmittags ein paar Stunden lang eingesetzt, weshalb sie je nach Einsatzgebiet als Teilzeitkraft oder Aushilfe beschäftigt sind. Insgesamt beschäftigt das Unternehmen derzeit 24 Mitarbeiter. Zu ihnen gehört außer Vater und Sohn Lange auch die Ehefrau des Seniorchefs. df
Rollstuhlfahrer zahlen auch selbst
In Saalfeld und in Bad Blankenburg leben ein paar ältere Kunden der Lange & Lange GbR, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind. Sie möchten hin und wieder zu Ärzten, zum Einkaufen oder sonntags zum Essen fahren und zahlen ihre Beförderung dabei selbst. „Fünf bis sechs solcher Fahrten haben wir in der Regel pro Woche“, berichtet Bernd Lange. „Zum Teil fahren sie mit uns sogar in den Urlaub.“ Bislang setzt das Unternehmen dafür Kleinbusse mit Rollstuhlrampe ein, die als Mietwagen konzessioniert sind. Demnächst sollen zwei Taxi-Konzessionen eines Unternehmers hinzukommen, der sein Taxigeschäft aufgibt. Eine davon betrifft ein Rollstuhl-Taxi. Lange & Lange orientiert sich bei seinen Rollstuhl-Mietwagen an der Tarifverordnung des Landkreises Saalfeld-Rudolstadt aus dem Jahr 2014. Sie sieht keinen Rollstuhlzuschlag vor, aber einen Zuschlag von fünf Euro für ein Großraumtaxi. Es muss in diesem Landkreis mehr als vier Fahrgastplätze haben.
Fotos: Dietmar Fund
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