Thema des Monats: Preiserhöhung um fast 2.000 Prozent

Die Mindener Taxiunternehmer können es nicht fassen. Statt wie bisher 35 Euro pro Jahr müssen sie jetzt 720 Euro an die Bahn AG bezahlen, um weiterhin den Taxistellplatz vor dem Bahnhof benutzen zu dürfen. Ein trauriger Einzelfall, der rechtlich nicht zulässig ist? Leider nein.
Redaktion (allg.)
Die Mindener Taxiunternehmer werden die Erhöhung hinnehmen müssen. Zumindest juristisch fühlt sich die Bahn im Recht. Auf Anfrage von taxi heute erklärte ein Bahnsprecher, dass die Deutsche Bahn AG als privatwirtschaftlich organisiertes Unternehmen gehalten sei, Marktpreise zu erzielen. Die Gestattungsvergütung und eine Nebenkostenpauschale bemesse sich nach den Kosten der Bahn, der Anzahl der Reisenden und Besucher sowie nach den vergleichbaren Dauerparkgebühren vor Ort. Am Beispiel Minden wären bei Dauerparkplätzen mindestens drei Euro pro Tag zu erzielen. Da man aber die Taxis als Mobilitätsergänzung zur Bahn sähe, lägen die gegenüber den Taxiunternehmern veranschlagten Preise bei zwei Euro pro Tag. Mit der nach 10 Jahren erstmaligen Erhöhung würde die Bahn nun reale Marktpreise erzielen, wozu sie als privatwirtschaftlich organisiertes Unternehmen verpflichtet sei. Im Grunde genommen haben die Mindener Taxiunternehmer noch Glück gehabt: Denn marktwirtschaftlich orientierte Stellplatzgebühren verlangt die Bahn auch in vielen anderen Orten und Städten – und das schon seit langer Zeit. In Bad Oeynhausen beispielsweise müssen die Taxiunternehmer schon seit zwei Jahren 500 Euro Gebühren bezahlen, wenn Sie auf Bahngrund vor dem Hauptbahnhof weiterhin Fahrgäste abholen wollen. Den um 220 Euro billigeren „Platzzoll“ rechtfertig die Bahn mit unterschiedlichen Rahmenbedingungen. Zwischen Minden und Bad Oeynhausen gäbe es daher andere Kalkulationsgrundlagen. Für das Mindener Taxigewerbe ist die „späte“ Gebührenerhöhung ein schwacher Trost und in keiner Weise hinnehmbar. Im vergangenen November hatte man die Taxiunternehmer angeschrieben und den bisher gültigen Nutzungsvertrag gekündigt. Für die Unterzeichnung des neuen Vertrages räumte man eine Frist bis zum 30.11.04 ein. Wer bis dahin nicht unterschrieben habe, hätte ab 1.1.05 kein Aufstellrecht mehr am Mindener Bahnhof. In Minden fahren 47 Taxis. Da ohne dem Bahnhofsgeschäft in der westfälischen Kleinstadt nicht mehr viel los ist, haben den Vertrag in einer ersten Panik einige Taxiunternehmer unterschrieben. Sehr zum Ärger der Mindener Funk-Taxi-Zentrale, der 28 Fahrzeuge angeschlossen sind und deren geplanter kollektiver Widerstand dadurch untergraben wurde. Denn in Minden ist auf der Bahnhofsrückseite ein weiterer Taxi-Halteplatz, der sich auf städtischem Grund befindet. Dort wollte man notfalls ausweichen, wenn die Bahn nicht einlenken würde. Presseberichte in der örtlichen Tageszeitung und im westdeutschen Rundfunk verstärkten den Druck auf die Bahn. Auch die Redaktion der taxi heute fragte kritisch nach, ob man aufgrund der Proteste der betroffenen Taxiunternehmer und des öffentlichen Drucks durch die Medien die Preiserhöhung etwas moderater gestalten könnte. Die Antwort der Bahn war allerdings wenig hoffnungserweckend: „Aufgrund der Bereitschaft etlicher Taxiunternehmer, den Vertrag zu unterschreiben und des Gleichbehandlungsgrundsatzes sieht das zuständige Bahnhofsmanagement derzeit keinen Weg, diesen Preis zurückzunehmen.“ Selbst schuld, könnte man also lapidar sagen. Doch die Taxiunternehmer, die bereits unterschrieben haben, sind gegenüber der Bahn zwischenzeitlich auch in Lauerstellung. Ohne weitere Erklärung wurde nämlich die Gültigkeit des Vertrages um einen Monat auf Anfang Februar verschoben. Doch auch Anfang Februar hatte man seitens der Bahn an die neuen Vertragspartner noch keine Rechnung gestellt. Sollte das in den nächsten Tagen passieren, wären zwei Szenarien denkbar: Szenario 1: Viele Kollegen, die keinen Vertrag unterschrieben haben, würden trotzdem weiterhin am Bahnhof stehen, solange die Bahn nicht mit Platzverboten hantiert. Daraufhin haben schon einige der Vertragspartner angekündigt, die Jahresgebühr nicht zu bezahlen. Der von der Bahn selbst ins Spiel gebrachte Gleichbehandlungsgrundsatz wäre dann nämlich verletzt. Szenario 2: Die Bahn lässt nur die Taxis mit gültigen Verträgen auf das Gelände. Als Folge könnten zu Stoßzeiten zu wenig Taxis am Bahnhof stehen. Auf die Anfrage von taxi heute, ob in so einem Fall der Imageschaden für die Bahn nicht deutlich höher wäre, betonte man allerdings, dass man nicht davon ausgehe, dass die neuen Gestattungsvergütungen die Taxis von den Bahnhöfen vertreibe. Man sähe das Taxi weiterhin als wichtige Mobilitätsergänzung zur Bahn. Um so unverständlicher erscheint es nicht nur den Mindenern Taxiunternehmern, warum man den Mobilitätspartner so unpopulär vor den Kopf stößt.
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