Thema des Monats

Viel Lärm um wenig

Thema des Monats August 2013

Die Entscheidung des Landkreises Görlitz, in die aktualisierte Taxitarifordnung einige „Benimmregeln“ für Taxifahrer aufzunehmen sowie für Verstöße ein Bußgeld „bis zu 10.000 Euro“ auszurufen, wurde von einigen Kollegen und Medien teils heftig kritisiert.

Zum 1. September tritt im Landkreis Görlitz eine neue Taxitarifordnung inkraft. Doch diesmal ist es nicht vorrangig die Anhebung der Kilometerpreise um zehn Cent, die für Medienecho sorgt, sondern einige weitere Änderungen.

Zunächst geht es um die folgenden drei Sätze, die unter den Paragraphen 5 und 6 neu aufgenommen wurden: „Der Taxifahrer hat sich gegenüber den Fahrgästen korrekt, sachlich und höflich zu verhalten.“ und: „Für das Ein- und Ausladen von Gepäckstücken ist der Taxifahrer verantwortlich.“ sowie: „Taxen dürfen nur in einem innen und außen sauberen und gepflegten Zustand bereitgestellt und den Fahrgästen angeboten werden.“

Dass solche Selbstverständlichkeiten offiziell in eine Verordnung aufgenommen werden, ist durchaus etwas Besonderes und war in der Tat auch uns eine Meldung wert. Darin enthalten auch die Aussage des Landrats Bernd Lange, dass die Notwendigkeit zur Aufnahme solcher Regeln „im täglichen Umgang mit den Fahrgästen aufgefallen“ sei. In einem Beitrag des MDR wurde unter Berufung auf das Landratsamt berichtet, dass es „Auffälligkeiten im Alltag“ gegeben habe.

Unsere Redaktion erreichten im Zuge der Berichterstattung zahlreiche Zuschriften, die sich gegen die im Raum stehende Unterstellung, die Kollegen würden es hier mit dem Service nicht so genau nehmen, zur Wehr setzten. Stellvertretend hierfür die Worte eines Görlitzer Taxifahrer, der uns schrieb:

„Der gute Herr Lange ist mit seinen Äußerungen weit übers Ziel hinaus geschossen. Diese Fälle, die er damit rügt, sind Einzelfälle. Für den Großteil bis auf wenige an einer Hand abzuzählende Ausnahmen sind Sauberkeit und Höflichkeit Gang und Gäbe und gehören zum Service aller Görlitzer Taxiunternehmen und ihrer Fahrer. Doch statt betreffende Personen persönlich anzusprechen, wird ein Weg gewählt, der mehr als fragwürdig ist. Es wird an die Öffentlichkeit gegangen und alle Görlitzer Taxiunternehmer und deren Fahrer über einen Kamm geschert.“

Es wird also weniger die Tatsache, dass solche „Benimmregeln“ festgeschrieben werden kritisiert, als vielmehr die Art und Weise, wie dies kommuniziert wurde.

Dass den Görlitzer Kollegen in der großen Mehrzahl selbst daran gelegen ist, schwarze Schafe aus dem Verkehr zu ziehen, verdeutlichen unsere Recherchen zum zweiten Streitpunkt der neuen Tarifordnung: „Die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 kann gemäß § 61 Abs. 2 PBefG mit einer Geldbuße bis zu 10.000,00 Euro geahndet werden.“ Die Aufregung um diesen Satz wird ja schon durch dessen Inhalt ad absurdum geführt. Man bezieht sich nämlich auf den Paragraphen 61 des Personenbeförderungsgesetzes, wo solche Maximalstrafen längst festgeschrieben und verbindlich sind.

Maximale Strafen wohlgemerkt, die nur bei extremen Härtefällen zur Anwendung kommen, wie wir auch auf Nachfrage durch das zuständige Landratsamt bestätigt bekommen: „Die in § 61 festgelegte Höhe der Bußgelder ist eine „bis zu“-Summe. Sie umfasst alle Arten der Personenbeförderung, also nicht nur den Verkehr mit Taxen. Grundsätzlich sind bei der Festlegung der Höhe des Bußgelds die Art des Verstoßes bzw. der Ordnungswidrigkeit, die Folgen oder möglichen Folgen und wirtschaftliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen.“

Von „horrenden Bußgeldern“, die – wie vereinzelt kolportiert – den Taxifahrern auferlegt werden, kann also keine Rede sein. Erst recht nicht, wenn man bedenkt, dass der Wunsch nach der Aufnahme einer solchen Maximalsumme in die Tarifordnung aus dem Gewerbe selbst kommt. Denn auch das erfuhren wir vom Landratsamt Görlitz.

Zudem steht Görlitz mit der Androhung konkreter Bußgelder keineswegs alleine da, wenn auch die Summen andernorts geringer sind: In Leipzig und Dresden ist jeweils von 5.000 Euro die Rede, in Chemnitz von genau 5.112,92 Euro – nachzulesen in den jeweiligen Taxitarifordnungen.

Unterm Strich bleibt festzuhalten: Viel Aufregung um wenig. Die überwiegende Mehrheit der Taxiunternehmer und Fahrer, für die Höflichkeit und Sauberkeit selbstverständlich sind, wird dies natürlich auch weiterhin praktizieren – ob mit Verordnungstext oder ohne. Und wer es mit dem Servicegedanken nicht so genau nimmt – nun, dem öffnet ein in der Tarifordnung angedrohtes Bußgeld von bis zu 10.000 Euro hoffentlich etwas die Augen – auch wenn die rechtliche Handhabe hierzu ja schon lange vorher bestand.

Hinweis der Redaktion: Wie so oft haben wir auch diesmal unser Thema des Monats mit der Frage des Monats verknüpft. Wie denken Sie über den Vorstoß in Görlitz und in einigen anderen sächsischen Städten: Ist ein in der Tarifordnung festgeschriebenes maximales Bußgeld von z.B. 10.000 Euro sinnvoll, um „Service-Muffel“ abzuschrecken? Wir freuen uns über Ihre Abstimmungen und Kommentare.

(jh)
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