Thema des Monats

Punktereform ausgebremst

Thema des Monats Februar 2013

Kippt die Reform des Punktesystems der Flensburger Verkehrssünderdatei? Die Experten des Verkehrsgerichtstags in Goslar lehnten die Pläne Ramsauers ab. Deren Empfehlungen sind zwar nicht bindend, doch auch der Bundesrat sieht „grundlegenden Änderungsbedarf“.

„Einfacher, gerechter, transparenter, sicherer“ soll das Flensburger Punktesystem für Verkehrssünder nach den Vorstellungen von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer werden. Statt der bisherigen Skala von 1 bis 7 Punkten soll es nur noch drei Kategorien geben: je nach Schwere des Vergehens 1, 2 oder 3 Punkte. Dafür wird der Führerschein nach Ramsauers Plänen schon nach 8 statt nach 18 Punkten entzogen. Punkte sollen zudem jeweils separat verjähren, aber auch länger gespeichert werden. Darüber hinaus könnten die bisherigen freiwilligen Aufbauseminare wegfallen.

Vor allem der letzte Punkt wird von Automobilclubs, Anwälten und Oppositionspolitikern heftig kritisiert. Nach Ansicht von Grünen-Verkehrspolitiker Stephan Kühn schadet der Wegfall von freiwilligen Aufbauseminaren vor allem Menschen, deren Erwerb vom Führerscheinbesitz abhängt, etwa Taxifahrern.

Auch beim Deutschen Verkehrsgerichtstag, einer Tagung von rund 2.000 Fachleuten im Bereich des Verkehrsrechts und der Verkehrssicherheit, fielen die Pläne des Bundesverkehrsministers weitgehend durch. Eine Reform sei zwar richtig und nötig, doch im vorgelegten Gesetzentwurf bleibe das System „für alle Beteiligten intransparent“. Viele Experten forderten, es beim geltenden 18-Punkte-System für den Entzug des Führerscheins zu belassen. Außerdem müsse die Möglichkeit erhalten bleiben, Punkte in Flensburg durch das Absolvieren freiwilliger Maßnahmen abzubauen.

Widerstand gegen die Punktereform regt sich derzeit auch im Bundesrat. In einer Empfehlung des Verkehrsausschusses der Länderkammer heißt es wörtlich: „Der Bundesrat stellt fest, dass der vorliegende Gesetzentwurf dem Ziel, ein einfacheres, verhältnismäßigeres und transparenteres System zu schaffen, nicht gerecht wird.“

Nach seiner Sitzung am 1. Februar spricht die Länderkammer in einer Pressemitteilung zwar nur noch von „geringem Änderungsbedarf“, doch faktisch stellt der Bundesrat wesentliche Inhalte der Reform infrage.

So sei beispielsweise die vorgesehene Tilgungsfrist von zwei Jahren für verkehrssicherheitsbeeinträchtigende Ordnungswidrigkeiten zu kurz bemessen. Auch sollten Verstöße je nach Schwere nicht mit bis zu drei Punkten bewertet werden, sondern wie ursprünglich vorgesehen mit einem oder zwei Punkten. Zudem sei die Wirksamkeit des neuen Fahreignungsseminars zweifelhaft.

Umfassenden Änderungsbedarf sieht der Bundesrat auch bei der Anhebung einzelner Bußgeld-Regelsätze. So würden bestimmte Tatbestände, die bisher ins Verkehrszentralregister eingetragen wurden, künftig nicht mehr als verkehrssicherheitsgefährdend eingestuft und daher nicht mehr mit Punkten geahndet. Bei einigen dieser Verstöße sei allerdings bis jetzt die Zumessung des Bußgeldes unter Berücksichtigung der Tatsache vorgenommen worden, dass für die Ordnungswidrigkeiten auch ein Punkteeintrag stattfindet. Hier sei eine Neubewertung hinsichtlich der Höhe der Verwarnungs- und Bußgeldregelsätze erforderlich.

Insgesamt sei die bisher fein abgestimmte Wertigkeit der Verstöße zueinander nicht mehr stimmig und es komme zu einer Verschiebung bei der Gewichtung der Taten. Auch „berücksichtigt eine nur partielle Anpassung bzw. Änderung der Bußgeldregelsätze die Einkommens- und Preissteigerungen sowie die Inflation und deren Auswirkungen auf die Wirksamkeit der verhängten Geldbußen nicht. Eine zeitnahe Anpassung der gesamten Bußgeldkatalog-Verordnung ist  deshalb erforderlich.“

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer wird also umfangreich und zügig nachbessern müssen, um seine Reform noch vor der Bundestagswahl im Herbst durchgesetzt zu bekommen.

Hinweis der Redaktion: In unserer Frage des Monats Februar können Sie selbst die geplante Punktereform bewerten. Wir sind gespannt auf Ihre Noten.

(jh)
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