Thema des Monats

„Nur die Spritkosten abgedeckt“

Thema des Monats September 2010

Ein Beispiel aus einer schwäbischen Kleinstadt zeigt, warum eine gemeinnützige Hilfsorganisation Krankenfahrten von ehrenamtlichen Fahrern ohne P-Schein ausführen lassen darf. Normalerweise regelt das Personenbeförderungsgesetz (PBefG), dass bei gewerblicher Personenbeförderung alle eingesetzten Fahrer einen sogenannten P-Schein besitzen müssen. Den wiederum bekommt man nur, wenn in Flensburg nicht allzu viele Strafpunkte auf dem Konto stehen und ein Betriebsarzt aus gesundheitlicher Sicht keine Einwände hat.

Doch keine Regel ohne Ausnahme: Wenn Personenbeförderungsfahrten gar nicht erst unter das PBefG fallen, müssen die Fahrer natürlich auch keinen P-Schein vorlegen. Das ist beispielsweise bei Fahrten der Fall, die unter die sogenannte und immer wieder diskutierte Freistellungsverordnung fallen.
Oder aber, wenn die Erlöse einer Fahrt die Betriebskosten nicht übersteigen (§ 1, Absatz 2, Punkt 1). Womit wir wieder bei unserer schwäbischen Kleinstadt wären, genauer gesagt in Ellwangen, das in der Nähe der A7 zwischen Ulm und Würzburg liegt.

Dort musste vor einiger Zeit eine Frau die vom Arzt angebotene Behandlung ausschlagen, weil sie keine Möglichkeit sah, über mehrere Wochen täglich in die Praxis zu kommen. Die Fahrtkosten mit einem Taxi konnte sich die Frau aufgrund ihrer geringen Rente nicht leisten und eine Kostenübernahme durch die Krankenkasse scheiterte, da es sich um ambulante Fahrten handelte.

Die Leiterin der Diakoniegruppe nahm dies zum Anlass, nach geeigneten Partnern zu suchen, um die Mobilität von bedürftigen Patienten zu gewährleisten (was eigentlich Aufgabe der Kommunen wäre). Sie wurde schnell fündig: In Zusammenarbeit mit dem Ellwanger Seniorenrat und dem Malteser Hilfsdienst soll ab Oktober einmal pro Woche ein „Patientenmobil“ die Bedürftigen zum Arzt und wieder zurück bringen. Dieser Fahrdienst wird nicht vom Patienten angefordert, sondern vom behandelnden Arzt.

Durchgeführt werden die Fahrten von Malteser, die dafür eigene Fahrzeuge und ehrenamtliche Helfer einsetzen. Pro Fahrt wird vom Nutzer ein Betrag von 1,50 Euro kassiert. „Damit sind die Spritkosten abgedeckt“, sagt Sabine Würth, Bezirksgeschäftsführerin der Malteser.
Mehr aber auch nicht. Diese Fahrten fallen also nicht unter den Geltungsbereich des PBefG, weil die Erlöse laut einer von Frau Würth erstellten Prognose die Betriebskosten nicht übersteigen. Unter diesem Aspekt wurden diese Fahrten vom zuständigen Landratsamt Ostalbkreis unter Hinweis auf den § 1, Absatz 2, Punkt 1 PBefG für ein Jahr genehmigt.

So weit, so gut. Doch in einem Artikel der „Schwäbischen Post“ über das Patientenmobil tauchte plötzlich noch ein Zuschuss der Bürgerstiftung über eintausend Euro auf, mit dem der laufende Betrieb vorerst finanziert wird. Auf Nachfrage von taxi heute bezeichnete Frau Würth diese Summe als „Anschubfinanzierung“, mit der aber lediglich der Verwaltungsaufwand gedeckt sei, der zur Organisation der Fahrten nötig sei. Deshalb tauchte dieser Zuschuss auch nicht in der Betriebskostenrechnung auf, die man beim Landratsamt vorlegte.

Den Ellwanger Taxiunternehmer Hermann Gaugler macht das sehr wütend. Ihm gegenüber hatten die Verantwortlichen nur von den Fahrtkosten von 1,50 Euro pro Person erzählt. Von einem zusätzlichen städtischen Zuschuss über 1.000 Euro hat Herr Gaugler erst über taxi heute erfahren.

Herr Gaugler schätzt das Potenzial der Fahrten nicht allzu hoch ein, denn dies beträfe wirklich nur die Ärmsten der Armen. Würde er aber den Zuschuss auf die wenigen Taxifahrten umrechnen, dürften diese Fahrten deutlich über dem Taxitarif liegen und damit auch weit jenseits der reinen Betriebskostengrenze.

Ähnlich sieht es auch Markus Gorus, ein Ellwanger Unternehmerkollege von Herrn Gaugler: Herr Gorus ärgert sich, dass niemand von der Stadt oder von der Diakonie ihn auf die diese Aktion angesprochen hat. Einen Neun-Sitzer-Bus hätte er nämlich auch im Fuhrpark und bei nur 3-4 Personen pro Fahrt wären weit mehr als nur die Spritkosten abgedeckt. „Wir werden genau beobachten, ob durch diese Aktion nicht doch Fahrgäste befördert werden, die bisher mit uns gefahren sind. Falls das eintritt, werden wir sofort beim Landratsamt Beschwerde einlegen“, kündigt Markus Gorus Widerstand an.

Ob er damit allerdings Erfolg haben wird, ist fraglich, denn Carsten Dehner, Geschäftsbereichsleiter im Landratsamt Ostalbkreis, bekräftigte zwar gegenüber taxi heute, zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung noch nichts vom Zuschuss über 1.000 Euro gewusst zu haben, trotzdem sieht er keine Veranlassung, die Genehmigung vor Ablauf der Jahresfrist zu widerrufen. „Wenn das Jahr rum ist, wird neu entschieden“.

Sollte sich dann herausstellen, dass die Fahrten für den Malteser doch lukrativ waren, wird die als gemeinnützig eingestufte Hilfsorganisation sicherlich den gewährten Zuschuss freiwillig zurückgeben…. Alternativ könnte man den Betrag ja an die Taxistiftung spenden.

Das Foto zeigt die Basilika Ellwangen

Fotohinweis: Pixelio / Uwe Steinbrich

(jh)
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