Thema des Monats

Elektrotaxis im Schichteinsatz

Thema des Monats Mai 2013

Hybridtaxis wie der Toyota Prius haben den Taxi-Test bei vielen Unternehmern bereits vor Jahren bestanden. Nun wagen sich einzelne Kollegen auch an rein elektrisch betriebene Taxis. Wie fällt deren Fazit aus?

Anfang des Jahres ist mit dem Nissan Leaf das erste Serien-Elektrotaxi in Deutschland auf den Markt gekommen. Zu einem Basispreis von 28.563 Euro netto (das Taxi-Paket gibt es dank Nissan-Subvention kostenlos) und einer Reichweite von maximal 175 Kilometern. Das sagt jedenfalls der Hersteller. Dass der Normzyklus, der solchen Angaben zugrunde liegt, mit der Realität wenig zu tun hat, dürfte bekannt sein. Wir haben deshalb jemanden gefragt, der sich damit auskennt.

Veit Stephan ist Taxiunternehmer aus Bärenstein im Erzgebirge und war der erste, der den Schritt gewagt hat, den Nissan Leaf im Taxi-Alltag einzusetzen. Wie weit also kommt man mit dem E-Taxi wirklich, ehe es wieder ans Stromnetz muss? „130 Kilometer sind tatsächlich drin.“ sagt der Sachse im Gespräch mit taxi heute. Den Härtetest, eine Fahrt nach Chemnitz und zurück (ca. 100 Kilometer), hat der Leaf bestanden. Als Stephan zu Hause ankam, war laut Anzeige noch Strom für 30 Kilometer im Akku. „Im Winter“, fügt er an „sollten Taxiunternehmer aber nicht mehr als 100 Kilometer Reichweite kalkulieren.“ Veit Stephan weiß, wovon er spricht: Als er im Februar dieses Jahres die ersten Schichten im Leaf absolvierte, war es in Deutschland bekanntlich noch bitterkalt. Und bei solchen Temperaturen leidet die Reichweite. Aber es zeigte sich in den Wintermonaten auch ein großes Plus des Elektrotaxis: „Während Dieselmodelle oft schon bei minus 20 Grad schlapp machen, läuft der Nissan Leaf auch bei 35 Grad unter null noch einwandfrei.“

Apropos Kälte: Veit Stephan hat in seinem Haus ein Blockheizkraftwerk einbauen lassen, das nicht nur Wärme für seine vier Wände liefert, sondern auch die Energie zum kostengünstigen Aufladen des Nissan Leaf. Die niedrigen Betriebskosten sind aus seiner Sicht ohnehin das ganze dicke Plus bei den Elektrotaxis: „Keine Kfz-Steuer bis zum Jahr 2023 und Energiekosten von rund 3 Euro pro 100 Kilometer sind absolut überzeugende Argumente.“, sagt Stephan. Er sieht den Leaf aber aufgrund der Reichweiten-Problematik lediglich als Ergänzung zu seinen beiden anderen Fahrzeugen, einem T5-Taxi und einem Touran-Mietwagen, als sinnvoll an.

Voll und ganz den alternativen Antriebsarten verschrieben hat sich das Hamburger Unternehmen „prima clima mobil“. Zu den 10 Mercedes-E-Klassen mit Erdgasantrieb gesellen sich sechs Hybrid-Taxis des Toyota Prius Plus sowie seit Kurzem auch vier reine elektrische Nissan Leaf. Die Erfahrungen der Hamburger mit den Leafs in punkto Reichweite und Betriebskosten decken sich weitestgehend mit denen des Kollegen aus Sachsen. „120 Kilometer sind auf jeden Fall drin“, sagt Jürgen Kruse von prima clima mobil im Gespräch mit taxi heute. „Auch im Stadtverkehr“. Das reicht natürlich nicht für einen Einsatz rund um die Uhr, weshalb die Leafs nur im Einschichtbetrieb eingeplant sind. Dann müssen sie für etwa acht Stunden ans Stromnetz. Wenn es schneller gehen muss, gibt es aber auch die Option der Schnellladung, mit der sich die Akkus innerhalb von rund 30 Minuten auf bis zu 80 Prozent ihrer Kapazität „auftanken“ lassen.

Die Mobilitätskosten der Elektrotaxis beziffert Kruse auf drei bis vier Euro pro 100 Kilometer, was auch ein Grund dafür ist, dass prima clima mobil mittel- bis langfristig verstärkt auf rein elektrische Taxis setzen wird. „Die Tendenz geht weg vom Erdgas und hin zur Elektromobilität“, sagt Jürgen Kruse. Mit Spannung erwartet er dabei die Markteinführung eines weiteren elektrischen Nissan. Der Kleinbus e-NV200 soll Ende dieses Jahres auf den Markt kommen und wird wohl ebenfalls Einzug in den Fuhrpark des Hamburger Unternehmens halten. Das liegt zum einen natürlich an seiner Geräumigkeit, zum anderen aber auch an der höheren Reichweite. Bis zu 210 Kilometer sollen laut Hersteller möglich sein. In der Praxis werden es wohl wieder weniger sein, aber doch deutlich mehr als im Leaf.

Jürgen Kruse wird übrigens am 25. Mai auch als Referent bei unserem Seminar im Rahmen der Wahl zum „Taxi des Jahres 2013“ in Fulda auftreten. In seinen Ausführungen wird es in einem Teil um die Umstellung der Fahrerlöhne von Umsatzbeteiligung auf Stundenlöhne gehen (das Fahrpersonal bei prima clima mobil wird ausschließlich festentlohnt). Kruse wird aber auch über die Erfahrungen des Unternehmens mit seinen Umwelttaxis berichten und interessierten Kollegen sicherlich auch gerne Fragen zu den neuen Elektrotaxis beantworten.

Taxiunternehmer, die sich ebenfalls vorstellen können, den Nissan Leaf in ihre Flotte aufzunehmen, sollten lieber noch ein paar Wochen warten. Ab Juni kommt die neue Version zu den Händlern, bei der es sich keineswegs nur um ein optisches Facelift handelt: Das 2013-er Modell kommt (laut Normzyklus) 199 statt 175 Kilometer weit. Viel wichtiger dürfte für Taxiunternehmer aber sein, dass der Anschaffungspreis sinkt – und das nicht unerheblich: Während der aktuelle Leaf mit mindestens 28.563 Euro netto in der Liste steht, kostet die neue Basisversion 24.950 Euro zzgl. MwSt.. Wer die Batterie nicht mit kauft, bekommt den Leaf sogar für knapp unter 20.000 Euro netto, muss dann allerdings monatlich mindestens 79 Euro (je nach Laufleistung) für die Batterie-Miete kalkulieren.

Hinweis der Redaktion:
Wie so oft, verknüpfen wir unser Thema des Monats mit der Frage des Monats und wollen deshalb von Ihnen wissen: Wie schätzen Sie die Taxitauglichkeit von Elektrotaxis ein? Konkret: Ab wann können Sie sich vorstellen, erstmals ein Elektrotaxi im Schichtbetrieb einzusetzen? Stimmen Sie ab und teilen Sie uns Ihre Einschätzung gerne auch detaillierter über die Kommentar-Funktion mit.

(sk)
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