Allianz will digitale Daten für Unfallaufklärung nutzen

Der Versicherer plädiert dafür, dass die Autohersteller Daten, die kurz vor und nach einem Unfall aufgezeichnet werden, über einen Treuhänder standardisiert ausgelesen werden können.

Joachim Müller, Vorstandsvorsitzender der Allianz Versicherungs-AG, möchte mit dem Zugriff auf digital gespeicherte Unfalldaten die Transparenz sichern und die Unfallaufklärung verbessern. (Foto: Dietmar Fund)
Joachim Müller, Vorstandsvorsitzender der Allianz Versicherungs-AG, möchte mit dem Zugriff auf digital gespeicherte Unfalldaten die Transparenz sichern und die Unfallaufklärung verbessern. (Foto: Dietmar Fund)
Dietmar Fund

Insbesondere für Unfälle mit Getöteten und Schwerstverletzten möchte die Allianz alle technischen Möglichkeiten zur Unfallaufklärung und damit auch im Fahrzeug gespeicherte Daten nutzen. Der Versicherer schlägt deshalb vor, Daten über die Beschleunigung und Verzögerung des Fahrzeugs und das Eingreifen von Fahrerassistenzsystemen, die kurz vor und nach einem Unfall aufgezeichnet werden, zu nutzen.

Im Falle von Unfällen mit Personenschäden oder beim konkreten Verdacht einer Straftat soll die Nutzung dieser Daten auch gegen den Willen des Fahrers möglich sein. Im Falle von Sachschäden hofft die Allianz auf die Zustimmung der Fahrer. Sie möchte mit einem leichteren Zugriff auf die Fahrzeugdaten verhindern, dass weiterhin auch im Falle von 1.000-Euro-Bagatellschäden bis zu einem Dutzend Beteiligte eingeschaltet und bezahlt werden müssen. Diese „Kostenexplosion“ gelte es zu verhindern, erklärte Joachim Müller, Vorstandsvorsitzender der Allianz Versicherungs AG, am 19. September 2019 beim 7. Allianz Autotag im Allianz Zentrum für Technik (AZT) in Ismaning.

Laut Müller schlägt die Allianz vor, dass die Autohersteller die nach einem Unfall abgegriffenen Daten an einen Treuhänder weiterleiten, der dann Berechtigten den Zugriff auf die Daten erlaubt. Als Modell schwebt dem Versicherer das Auslesen der Fahrerkarten aus dem digitalen Kontrollgerät der Lkw- und Busfahrer vor. Bei ihnen können Berechtigte über eine eigene Karte die im Gerät gespeicherten Daten auslesen.

„Die Standards, die derzeit von der EU für künftige Unfalldatenspeicher und Fahrmodusspeicher entwickelt werden, müssen geeignet sein, Verkehrsunfälle mit modernen Fahrzeugen aufzuklären“, erklärte Müller. „Dafür reicht ein kurzes zeitliches Fenster von einigen Sekunden vor und nach dem Unfall aus.“ Es gehe nicht mehr darum, ob Unfalldaten aufgezeichnet werden, sondern welche, und wie der Zugang dazu erfolgen soll.

Das Treuhänder-Modell wird derzeit kontrovers diskutiert, war in einer Diskussionsrunde zu hören. Offenbar bremsen die Fahrzeughersteller noch, während dem Vernehmen nach unter den Versicherern eher Einigkeit herrscht.

Fahrzeuge, die in die USA exportiert werden, müssten ohnehin bereits einen Unfalldatenrecorder an Bord haben, sagte der Erste Polizei-Hauptkommissar Gundolf de Reise-Meyer vom Polizeipräsidium Düsseldorf. Er hat seit 2017 in einer Projektgruppe namens Pro Digi mitgearbeitet, in der Vertreter der Polizeibehörden der Länder erarbeitet haben, welche Parameter die Polizisten vor Ort zur Unfallaufklärung brauchen und wie sie auf einfache Weise an sie herankommen. Der 380 Seiten umfassende Abschlussbericht sei Mitte September 2019 veröffentlicht worden, sagte der Referent zu taxi heute. Dieser Bericht müsse jetzt dringend öffentlich diskutiert werden. „Das Verfahren und die Parameter stehen, die Politik muss sie umsetzen“, erklärte der Düsseldorfer. „ Wir brauchen einen Einstieg.“

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