Wer einen Unfall nicht bemerkt, begeht keine Unfallflucht

Das Landgericht Lübeck hat eine interessante Entscheidung in einem Fall getroffen, in dem ein Taxifahrer eine Rolle gespielt hat.

Ein hilfsbereiter Taxifahrer aus Lübeck wird sich nun wundern, dass sich eine Fahrerin, die er hatte abbiegen lassen, einer Verurteilung wegen Unfallflucht entziehen konnte. (Symbolfoto: Dietmar Fund)
Ein hilfsbereiter Taxifahrer aus Lübeck wird sich nun wundern, dass sich eine Fahrerin, die er hatte abbiegen lassen, einer Verurteilung wegen Unfallflucht entziehen konnte. (Symbolfoto: Dietmar Fund)
Dietmar Fund

Wer sich vom Unfallort entfernt, macht sich nur dann strafbar, wenn er den Unfall auch bemerkt hat. War das nicht der Fall und wird man erst später auf den Unfall angesprochen, liegt keine Unfallflucht vor. Diese überraschende Entscheidung hat das Landgericht Lübeck in einem Fall mit dem Aktenzeichen 4 QS 164/21 getroffen, auf den die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins im Dezember 2022 hingewiesen hat.

In dem verhandelten Fall wollte eine Autofahrerin mit einem langen Anhänger nach links abbiegen, was ihr ein Taxifahrer ermöglichte. Beim Abbiegen berührte ihr Anhänger einen geparkten Pkw, der auf einer Länge von 190 Zentimetern Schrammen und Dellen bekam. Der Anhänger blieb unbeschädigt. Der Taxifahrer folgte der Fahrerin und sprach sie 260 Meter vom Unfallort entfernt an. Weil sie daraufhin weiterfuhr, wurde ihr wegen Fahrerflucht die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen und ihr Führerschein beschlagnahmt.

Dagegen erhob sie Einspruch. Das Landgericht sprach sie frei, weil kein dringender Tatverdacht vorgelegen habe, dass die Frau den Unfall tatsächlich wahrgenommen habe. Es sei möglich, dass ihr Anhänger das geparkte Fahrzeug gestreift habe, ohne dass sie das bemerkt habe. Das Entfernen nicht vom Unfallort selbst, sondern von einem anderen Ort, an dem der Täter erstmals von dem Unfall erfahre, erfülle nicht den Tatbestand der Unfallflucht, schrieb das Gericht. Sie habe sich schon 260 Meter von dem Unfallort entfernt und sei damit außer Sichtweite gewesen. An diesem Ort sei sie nicht mehr warte- und auskunftspflichtig gewesen.

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