MPU-Anordnung auch unter 1,6 Promille möglich

Wer trotz 1,1 Promille Alkohol im Blut keine Ausfallerscheinungen hat, kann zu einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung gebeten werden. Das hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden.

Laut dem Bundesverwaltungsgericht reichen schon 1,1 Promille aus, um die Anordnung einer MPU zu rechtfertigen. (Foto: TÜV Nord Mobilität)
Laut dem Bundesverwaltungsgericht reichen schon 1,1 Promille aus, um die Anordnung einer MPU zu rechtfertigen. (Foto: TÜV Nord Mobilität)
Dietmar Fund

Wer bei einer einmaligen Trunkenheitsfahrt zwar keine 1,6 Promille Blutalkoholkonzentration hat, aber bei 1,1 Promille keine Ausfallerscheinungen zeigt, muss damit rechnen, dass die Fahrerlaubnisbehörde für ihn eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) anordnet. In einem solchen Fall sind Zweifel an der Fahreignung begründet, die die Fahrerlaubnisbehörde durch ein Gutachten klären muss. So urteilte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am 17. März 2021 in einem Fall, der das Aktenzeichen BVerwG 3 C 3.20 trägt. Auf dieses Urteil weist TÜV Nord Mobilität hin.

Dem Kläger war nach einer Trunkenheitsfahrt mit per Blutprobe ermittelten 1,3 Promille wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr die Fahrerlaubnis entzogen worden. Seinen Neuerteilungsantrag lehnte die Behörde ab, weil er sich keiner medizinisch-psychologischen Begutachtung stellen wollte. Dagegen klagte er, verlor aber vor dem Verwaltungsgericht und legte Berufung beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof ein.

Der gab ihm zwar Recht und wollte ihm die Neuerteilung ohne MPU zusprechen, doch das Bundesverwaltungsgericht änderte das Berufungsurteil und wies die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil zurück. Seine Begründung: Die beklagte Fahrerlaubnisbehörde habe auf die Nichteignung des Klägers schießen dürfen, weil er kein positives medizinisch-psychologisches Gutachten vorgelegt habe.

Das Gericht wertete den Umstand, dass der Betroffene trotz seiner hohen Blutalkoholkonzentration keine Ausfallerscheinungen aufgewiesen hatte, als „aussagekräftige Zusatztatsache“. Wörtlich schreibt das Leipziger Gericht: „Nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand kann von einer außergewöhnlichen Alkoholgewöhnung ausgegangen werden, wenn der Betroffene bei seiner Trunkenheitsfahrt eine Blutalkoholkonzentration von 1,1 Promille oder mehr aufwies. Außerdem muss festgestellt und dokumentiert worden sein, dass er dennoch keine alkoholbedingten Ausfallerscheinungen zeigte. Diese Voraussetzungen waren im Falle des Klägers erfüllt.“

Logobanner Liste (Views)