Volvo EX90 – Sitzprobe im skandinavischen Premium-SUV

Der EX90 macht einen großen Schritt Richtung vollelektrischer Zukunft. Das neue Flaggschiff soll neue Maßstäbe in der Sicherheit setzen, bis 600 Kilometer weit kommen und bidirektional laden können. Unsere Sitzprobe in Göteborg beginnt aber erst mal mit einer Reise in die Vergangenheit.

Volvos erstes SUV auf einer reinen E-Plattform: EX90.| Foto: Volvo
Volvos erstes SUV auf einer reinen E-Plattform: EX90.| Foto: Volvo
Redaktion (allg.)
(erschienen bei VISION mobility von Thomas Kanzler)

Überraschung bei der Präsentation des großen SUVs: Bevor wir im EX90 Platz nehmen können, werden wir zuerst zu einem alten Bekannten geführt – ein Volvo 244 aus den 70er Jahren steht im Showroom des Göteborger Volvo-Werkes. Mit diesem Auto begannen die ersten Sicherheitstests, aus denen der Euro NCAP Crashtest hervorging, erläutert ein Volvo Ingenieur. Und dann geht es zum neuesten Modell der Schweden. Der EX90 ist das erste Modell auf einer neuen Stromer-Plattform und soll mit einer umfassenden Kombination von Assistenzsystemen ebenso wie der Urahn aus den 70er Jahren neue Maßstäbe in der Verkehrs- und Insassensicherheit setzen.

Im Vergleich zur Studie „Recharge“ ist das Design des Serien-Volvo deutlich näher am XC90, was vermutlich ein kluger Schachzug ist. Der Vorgänger verkaufte sich mit seinem zeitlosen, konservativ skandinavischen Design gut, wer es progressiver will, wird zum Polestar 3 greifen, der auf derselben elektrischen Plattform aufbaut. Die Scheinwerfer ragen weit in die Front hinein und zeigen eine weitere Interpretation von „Thors Hammer“. Die Windschutzscheibe des EX90 steht recht flach, eine starke Sicke strukturiert die Seite. Das mächtige SUV ist zwar aerodynamisch optimiert, Frontmaske und Felgen sind geschlossen, die Türgriffe versenkt, trotzdem kommt der große Volvo auf einen eher durchschnittlichen Luftwiderstandsbeiwert (cW) von 0,29. Im Vergleich zum XC90 ist der EX90 nochmal größer und als reiner Stromer mit riesiger Batterie natürlich auch deutlich schwerer: Die Karosserie ist 5,03 Meter lang, 1,74 Meter hoch und ohne Spiegel 1,96 Meter breit. Der Radstand streckt sich auf 2,99 Meter und bietet so Platz für drei Sitzreihen und Gepäck. Der Kofferraum bietet ein Volumen zwischen 310, 1.010 und 1.915 Litern, je nachdem ob eine oder beide hintere Sitzreihen (automatisch per Knopfdruck) flachgelegt sind.

Skandinavisches Wohlfühl-Ambiente

Mit hellen Echtholz-Applikationen und dem optisch und haptisch sehr schönen hellen Wollstoff wirkt der Innenraum sehr hochwertig und skandinavisch kühl. Außer einem kleinen Element auf der Mittelkonsole funktioniert die Steuerung nur noch über den mittigen 15-Zoll-Touchscreen, auf haptische Elemente wie Knöpfe oder Regler verzichtete Volvo beinahe ganz. Bei unserer Sitzprobe fällt wieder auf, dass die Sitze im den Volvos allgemein zu den bequemsten zählen. Hier im Über-Fünf-Meter-SUV verfügen auch die Sitze im der ersten Fond-Reihe über fürstliche Kopf- und Beinfreiheit, einzig in der dritten Reihe ist für große Passagiere auf Dauer eher beengt.

Ein großes Panoramadach und eine offene Kabine schaffen einen hellen, lichtdurchfluteten Innenraum. Für die perfekte Ausleuchtung auch bei Dämmerung und Dunkelheit sorgen 72 SunLike-LEDs, die unter anderem im Dachhimmel, an Boden und Türen sowie im Kofferraum zu finden sind.

600 Kilometer Reichweite, bis zu 515 PS

Im Zuge ihrer konsequenten Elektro-Strategie, ab 2030 ausschließlich reine Elektroautos verkaufen zu wollen, hat Volvo dem EX90 eine mächtige Antriebsbatterie mit 111 kWh verpasst. Netto stehen davon 107 kWh tatsächlich zur Verfügung. Bei der Reichweite sollen 600 Kilometer möglich sein, geladen wird mit bis zu 250 kW. Für den europäischen Markt sind zwei Versionen vorgesehen mit jeweils zwei separaten E-Motoren mit 380 kW/517 PS bzw. 300 kW/408 PS Gesamtleistung. So soll der 2,8-t-Koloss in 4,9 Sekunden (in der stärkeren Version), in 5,9 Sekunden (in der schwächer Motorisierten Version) von 0 auf 100 km/h schnellen. Die Basisvariante hat 770 Newtonmeter Drehmoment, die Performance-Version kommt auf 910 Newtonmeter. Die Höchstgeschwindigkeit ist, wie bei Volvo üblich, auf 180 km/h begrenzt.

Auch der neue EX90 trägt jetzt den unschönen, an ein London-Taxi erinnernden Buckel auf dem Dach. Im großen SUV der Schweden kommen die neuesten Assistenzsysteme zum Einsatz. Radar und Kameras tasten die Umgebung des Volvos ab und sollen auch kleine Hindernisse im Dunkeln wahrnehmen. Volvo will durch die Kombination aus Sensoren, eigenentwickelter Software und Core Computing Redundanz für zusätzliche Sicherheit schaffen. Das Ergebnis sei ein Fahrzeug, das mehr potenzielle Gefahren als je zuvor erkennt. Perspektivisch ist der EX90 bereit für das autonome Fahren.

Volvo bindet sich bei Infotainment und Navigation an Google und die dazugehörigen Apps. Das eigene Handy kann durch Android Auto und Apple Car Play integriert werden. Auch das iPhone soll nun ebenfalls kabellos verbunden werden können.

Fahrer – und Innenraum - streng im Blick

Der EX90 nutzt zwei Kameras und weitere Innenraum-Sensoren, um den Fahrer zu überwachen. So soll das Fahrzeug Müdigkeit, Ablenkung oder gar Alkoholeinfluss anhand der Blickrichtung und -intensität bemerken können. Das Monitoring-System kann im Zweifelsfall eingreifen. Zuerst wird ein akustisches Warnsignal, dessen Intensität sich steigert, den Fahrer ermahnen. Der autonome Eingriff der Fahrzeugtechnik geht im Zweifelsfall so weit, dass der Wagen eigenständig an den Straßenrand fährt, dort anhält und den Warnblinker setzt.

Preise und Verkaufsstart

Über 100.000 Euro geht es erst los. Die 408-PS Version steht mit rund 105.000 Euro in der Preisliste, der Volvo EX90 Performance Ultra kostet 110.650 Euro. Bestellt werden kann ab sofort, ausgeliefert wird ab Ende 2023/Anfang 2024. Auch einmotorige Varianten und niedrigere Ausstattungslinien werden später folgen. Der EX90 ist auch für rund 1600 Euro monatlich via Abo erhältlich, inklusive Wartung und Vollkaskoversicherung.

Interessant: die aktuelle XC90 Version wird weiterverkauft. Der XC90 Recharge Plug-In-Hybrid wird noch einige Zeit weiterlaufen, laut Volvo CEO-Samuelsson kommt nächstes Jahr sogar noch ein Facelift.

 

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