Kienzles Unfall-Daten-Schreiber UDS reicht nicht mehr aus

Für die Aufklärung von Unfällen mit modernen Fahrzeugen kann der Unfalldatenschreiber zu wenig, weil die Autohersteller zu wenige Daten ihrer Fahrerassistenzsysteme unverschlüsselt zur Verfügung stellen. Das war beim 7. Allianz Autotag zu hören.

Selbst der neueste Stand des Unfalldatenspeichers von Kienzle entspricht nicht mehr dem Stand, der heute möglich wäre, erklärte Dr. Christoph Lauterwasser, Leiter des Allianz Zentrums für Technik. (Foto: Dietmar Fund)
Selbst der neueste Stand des Unfalldatenspeichers von Kienzle entspricht nicht mehr dem Stand, der heute möglich wäre, erklärte Dr. Christoph Lauterwasser, Leiter des Allianz Zentrums für Technik. (Foto: Dietmar Fund)
Dietmar Fund

Mit dem Kienzle-Unfalldatenschreiber vom Typ UDS-Advanced Technology kommt man bei der Aufklärung von Unfällen mit modernen Fahrzeugen nicht mehr weit genug. Die in das Gerät eingebauten Sensoren erfassen primär die Verzögerung des Fahrzeugs und seine Geschwindigkeit. Aus ihnen kann man auch auslesen, ob das ABS und das ESP regelgerecht funktioniert haben. Sie sind aber nicht mit Kameras und der Sensorik von Fahrerassistenzsystemen verknüpft, die ihretwegen in immer mehr Fahrzeugen verbaut sind. Das erklärte Dr. Christoph Lauterwasser, Geschäftsführer der AZT Automotive GmbH in Ismaning.

Das AZT zeigte dort einen Crashtest, der den Aufprall eines Fußgängers auf einen 35 km/h schnellen Opel Astra und seinen Zweitaufprall auf die harte Fahrbahn zeigte. Ein solcher Aufprall ist nicht nur für über 30 Jahre alte Menschen wegen ihrer weniger verformbaren Knochen höchst folgenreich, sondern erschwert auch die Unfall-Auswertung. „Selbst bei einem solchen Aufprall mit 70 km/h muss man Spuren am Fahrzeug mit der Lupe suchen“, sagte dazu Dr. Dipl.-Ing. Michael Weyde, Sachverständiger für Straßenverkehrsunfälle und die Auswertung von Unfalldatenspeichern. „Bei solchen Unfällen gibt es auch kaum Daten im Datenspeicher des Fahrzeugs.“ Es reiche nicht aus, Daten erst ab der Auslösung des Airbags zu registrieren, weil dadurch Fußgängerunfälle nicht erfasst würden.

AZT-Leiter Lauterwasser betonte im Anschluss an den Crash-Test, bei einem solchen Unfall müsse erst einmal präzise ermittelt werden, wie schnell das Fahrzeug gefahren sei. Wegen der Entwicklung hin zum automatisierten und autonomen Fahren werde es immer wichtiger zu wissen, wie die Fahrerassistenzsysteme vor, während und nach dem Unfall reagiert hätten.

Wie sich nach dem Test herausstellte, hatte in diesem Fall nur der UDS AT den Anstoß registriert, nicht aber die im Fahrzeug verbauten Sensoren und die Messtechnik. Dass man mit dem UDS AT nicht mehr analysieren könne, liege aber primär an den Fahrzeugherstellern, die Daten ihrer Fahrerassistenzsysteme nicht unverschlüsselt auf den CAN-BUS legten und somit die Aufklärung von Vorgängen vereitelten, die man sonst auch mit dem UDS AT hätte untersuchen könnte, sagte Weyde dazu. Seines Erachtens sei der UDS AT auch deshalb noch nicht überholt, weil es viele Anwendungsfälle wie etwa das Taxi-Dachzeichen gebe, die für den Massenmarkt zu speziell seien.

Der Erste Polizei-Hauptkommissar Gundolf de Riese-Meyer vom Polizeipräsidium Düsseldorf erklärte dazu, für die Analyse eines Unfalls wie dem gezeigten brauche er 65 bis 90 Parameter. Momentan betreibe er als Mitglied einer Expertengruppe noch „Einzel-Forensik“ und müsse bei jedem Fahrzeug untersuchen, wie er an die Fahrzeugdaten herankäme. Bei den von seiner Expertengruppe untersuchten Fahrzeugen hätten sich insbesondere Toyota und Volvo bei der Offenlegung der im Fahrzeug gespeicherten Daten hervorgetan. Auf Nachfrage reichte der Polizeibeamte die Information nach, dass auch die Marken des Volkswagen-Konzerns seit 2017 viel offener geworden seien.

Mit dem Crashtest untermauerte die AZT-Mannschaft ihre Forderung, im Fahrzeug abgespeicherte Daten, die kurz vor, während und nach einem Unfall registriert worden sind, standardisiert abrufbar zu machen. Das solle insbesondere die Analyse von Unfällen mit Schwerverletzten und Getöteten sowie bei einem konkreten Verdacht einer Straftat die Arbeit der Polizisten und Gutachter erleichtern. In solchen Fällen soll auch ohne Einverständnis des Fahrzeughalters gehandelt werden, bei weniger gravierenden Sachschäden nur mit seinem Einverständnis.

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