Volle Haftung bei fehlendem Schulterblick

Kommt es zu einem Verkehrsunfall, weil ein Autofahrer die Fahrspur wechselt, ohne über die Schulter geschaut zu haben, so muss dieser damit rechnen, zu 100 Prozent für den Schaden aufkommen zu müssen.
Redaktion (allg.)

Im verhandelten Fall war ein Autofahrer auf einer vierspurigen Straße unterwegs. Als er auf die linke Fahrbahn wechselte, um seinen Vordermann zu überholen, kollidierte er dort mit einem von hinten kommenden Fahrzeug.

Der beklagte Autofahrer behauptete, er habe vor dem Spurwechsel sowohl in den Rückspiegel als auch über die Schulter gesehen. Dabei habe er kein Fahrzeug bemerkt. Vielmehr habe sich der Kläger hinter ihm befunden. Erst nachdem er selbst zum Überholen angesetzt habe, habe dieser die Spur gewechselt und stark beschleunigt, um noch vor ihm auf der linken Fahrbahn weiterfahren zu können. Daher habe der Kläger zumindest zur Hälfte den Unfall selbst verursacht.

Das Landgericht sah das anders. Denn nach der Beweisaufnahme stand für das Gericht fest, dass der Beklagte entgegen § 7 Abs. 5 StVO die Spur wechselte, ohne den erforderlichen Schulterblick durchzuführen und damit den Unfall schuldhaft verursachte. Der den Unfall aufnehmende Polizeibeamte hatte nämlich ausgesagt, dass dem Beklagten der sogenannte Schulterblick gar nicht bekannt gewesen sei. Die Behauptung, der Hintermann sei zu schnell gefahren, konnte hingegen nicht bewiesen werden.

Das Gericht urteilte daraufhin, dass die sogenannte Betriebsgefahr des vom Geschädigten geführten Fahrzeugs vollständig hinter das grob verkehrswidrige Verhalten des schädigenden Fahrzeugführers zurücktritt und letzterer alleine für den Schaden aufkommen muss.

Landgericht Freiburg, 21.05.2012, Az.: 8 O 21/12

(sk)
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