Kommentar zum Vertragsabschluss in Stuttgart: Sammelfahrten – eine neue Herausforderung

Die Stuttgarter Taxiunternehmer haben den Kampf gegen das Preisdumping gewonnen. Durch Zusammenhalt und Standhaftigkeit führen Sie ab 1.7. Krankenfahrten zum Taxitarif durch. Doch auch die Krankenkassen zählen nicht zu den Verlierern. Durch die Verpflichtung, Sammelfahrten durchzuführen, können bei den Transportkosten die notwendigen Einsparungen erreicht werden. Um das zu beweisen, haben die Stuttgarter nun drei Monate Zeit. Reicht das?
Redaktion (allg.)
Einfach wird das sicher nicht - auch wenn die Idee, Sammeltransporte durchzuführen, so neu nicht ist. Der Verband und seine Mitglieder stehen vor einer großen Herausforderung. - Die Touren müssen so zusammengestellt werden, dass alle Patienten trotzdem pünktlich zur Behandlung kommen und danach auch zeitnah wieder abgeholt werden. - Die Patienten müssen tolerieren, dass sie künftig länger und nicht mehr alleine unterwegs sind. - Die Dialysestationen und Krankenhäuser sollen künftig bei ihrer Terminplanung die Wohnorte der einzelnen Patienten berücksichtigen. In der Landeshauptstadt selbst koordiniert das die dortige Zentrale TAZ. Sie verfügt bereits über eine moderne Vermittlungssoftware, die auch entsprechend routen kann. Schwieriger wird es dagegen bei den Unternehmern im Umkreis. Im Rems-Murr-Kreis beispielsweise betreiben die Unternehmer ihre eigenen Zentralen. Wer bestimmt dort, welche Fahrten zusammengelegt werden? Bisher sind der Unternehmer Maierle aus dem Dorf A und der Unternehmer Huberle aus dem benachbarten Dorf B zur selben Zeit mit einem Patienten zum Krankenhaus gefahren. Aus diesen beiden Fahrten wird nun eine. Fairerweise fährt eine Woche Herr Maierle und die andere Woche Herr Huberle. Zum Taxitarif anstatt wie bisher für 50 Cent pro Kilometer. Der Umsatzerlös dürfte gleich sein – bei weniger Zeitaufwand und geringeren Betriebskosten. Wenn diese Rechnung aufgeht, kann die Aufteilung ohne Neid und Missgunst innerhalb der Taxiunternehmer klappen. Trotzdem wird es auch Verlierer dieser Regelung geben: Taxi- und Mietwagenunternehmer, die bisher lukrative Fahrten nun teilen oder ganz abgeben müssen. Allen wird man es sicher nicht recht machen können. Der große und bisher bundesweit einzigartige unternehmerische Zusammenhalt, mit dem man sich in Stuttgart bei der AOK Gehör verschafft hat, steht jetzt auf dem Prüfstand. Durch die Verpflichtung zu Sammelfahrten werden die zu verteilenden Küchenstücke zwar dicker, aber spürbar weniger. Der neue Vertrag war daher bisher nur ein Etappensieg. Das Rennen gewonnen haben die Taxiunternehmer erst, wenn alle Widerstände aus den eigenen Reihen, seitens der Patienten und seitens der Dialysestationen und Krankenhäuser gemeistert werden. Hoffentlich reichen dafür die veranschlagten drei Monate „Probezeit“. Wenn danach beide Seiten zufrieden sind, ist der Vertrag tatsächlich das bundesweite Signal, das man sich auch in anderen Regionen erhofft. Wenn nicht, wird das Preisdiktat nicht aufzuhalten sein. Jürgen Hartmann
Logobanner Liste (Views)