Juice Technology: Prognose zu Elektrofahrzeug-Trends

Lars Thomsen, Zukunftsforscher und Verwaltungsratsmitglied bei Juice, skizziert Schlüsselfaktoren, die in den nächsten Jahren Einfluss auf die Akzeptanz von Elektrofahrzeugen auf den Märkten im DACH-Raum haben könnten.

 

Juice wagt einen dezidierten Ausblick in die Zukunft der Elektromobilität. | Foto: Juice Technology
Juice wagt einen dezidierten Ausblick in die Zukunft der Elektromobilität. | Foto: Juice Technology
Redaktion (allg.)
(erschienen bei VISION mobility von Gregor Soller)

Das Führungsgremium der Juice Technology AG, dem Schweizer Hersteller von Ladestationen und -software, bleibt umtriebig. Mit im Verwaltungsrat sitzt Zukunftsforscher Lars Thomsen, der einmal mehr spannende Einblicke in die wichtigsten Trends wagt, welche die Entwicklung der Elektromobilität in den nächsten Jahren vor allem in Deutschland, Österreich und der Schweiz beeinflussen könnten.

Die EU hat im Dezember 2019 erklärt, bis 2050 die Treibhausgasemissionen des Straßenverkehrs um 90 Prozent im Vergleich zu 1990 reduzieren zu wollen. Um dieses Ziel, das Teil des europäischen Green Deals ist, zu erreichen, soll unter anderem eine effiziente Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge aufgebaut werden. So sollen bis 2030 entlang des Transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-T) alle 60 Kilometer in jeder Richtung ausreichende Ladekapazitäten für Personen- und Lastkraftwagen errichtet werden. Das Ziel von einer Million Ladepunkten bis 2025 erscheint dennoch recht ambitioniert, aber angesichts der rasanten Entwicklung der Elektromobilität nicht weniger als notwendig.

Status Quo – wo steht Europa 2021 in Sachen Elektromobilität?

Der Anteil der E-Fahrzeuge in Europa betrug im Jahr 2021 rund 20 Prozent der Neuwagenverkäufe. In den fünf größten europäischen Märkten (Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien und Großbritannien) ist der Marktanteil von E-Fahrzeugen (einschließlich BEV, PHEV und Hybrid) von 8 Prozent 2019 auf 38 % im Jahr 2021 gestiegen. Mit dem Tesla Model 3 war im September 2021 erstmals ein reines E-Auto das meistverkaufte Auto in Europa (bezogen auf alle Antriebsarten). Während der Markt für Diesel- und Benzinantriebe bei den Zulassungen rückläufig ist, steigt der Anteil von „Steckerfahrzeugen“ seit langem zweistellig an.

Der Anteil elektrifizierter Fahrzeuge (BEV und PHEV) wird laut Thomsens Prognose in Europa bereits im ersten Halbjahr 2023 die Neuzulassungen von Diesel- und Benzinfahrzeugen übersteigen. E-Fahrzeuge erreichen laut Thomsen bis 2025 in praktisch allen Fahrzeugsegmenten und -Klassen den Tipping Point, an dem sie sowohl wirtschaftlich als auch im direkten Leistungsvergleich mit Verbrennern deutlich attraktiver als das Auslaufmodell Verbrenner sind.

Elektromobilität für breitere Massen und kleinere (Fahrzeug-)Klassen

Die Reichweiten werden laut Thomsen weiter steigen, während sich die Ladezeiten immer stärker verkürzen und Lademöglichkeiten im öffentlichen und privaten Raum immer selbstverständlicher werden. Durch zunehmenden Wettbewerb, fallende Preise und ein breiteres Angebot dürften diese Fahrzeuge laut der Prognose auch immer stärker im volumenstarken mittleren und kleinen Preissegment dominant.

China drängt verstärkt nach Europa

China kann nach langem Vorlauf vermehrt mit neuen und endlich attraktiven und qualitativ ordentlichen E-Autos und PHEVs in den europäischen und US-amerikanischen Markt eindringen und punkten. Lars Thomsen rechnet bis 2025 mit mindestens sechs chinesischen Marken mit multiplen Modellen auf beiden Märkten. Gleichzeitig gibt dies dem ohnehin schnell expandierenden US-Markt für E-Autos (+190 % gegenüber dem Vorjahr) weiteren Schub. Aufgrund der schieren Menge an Kunden und Autos dürfte China bis 2026 der größte BEV-Markt der Welt bleiben.

Ladeinfrastruktur in Europa: Am Ende wird es drei bis fünf große Netzwerke geben

Bei der Ladeinfrastruktur zeichnen sich gleich mehrere Trends ab: Für das AC-Laden setzt sich in Europa das dreiphasige 11-kW-Ladegerät als die häufigste Lösung durch. Fahrzeugseitig ist diese Größe des On-Board-Laders gut zu installieren und reicht aus, um auch Akkus mit 80 kWh oder mehr über Nacht vollzuladen.

Im DC-Bereich ist der CCS-Anschluss mit bis zu 350 kW Ladeleistung entlang der Fernrouten der Standard. Installationen mit 50 bis 100 kW kommen laut Juice-Prognose im Bereich von öffentlichen Parkplätzen und in Städten oder Points of Interest zum Einsatz.

Bis 2024 wird praktisch jede Autobahnraststätte in Europa über Schnelllader verfügen, was für die Betreiber enorme Investitionen bedeutet. Diese werden in Form von recht hohen Preisen pro kWh an die Nutzer weitergegeben, es sei denn, die Nutzer schließen einen Premium-Vertrag mit dem jeweiligen Betreiber mit monatlicher Grundgebühr ab. Nach den derzeitigen Prognosen werden sich europaweit drei bis fünf Netzwerke herausbilden, welche ähnlich wie die heutigen Mobilfunkbetreiber, um eine langfristige Kundenbindung konkurrieren werden.

Europa ist gefordert, den schnellen Wandel hin zu nachhaltiger, elektrischer Mobilität aktiv und entschlossen mitzugestalten.

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