Fahrbericht ACM City: Elektromobilität 2.0

Erste Runden mit dem Prototypen des ACM City und bescheidene, aber bestimmte Macher mit schwäbischem Akzent lassen vermuten, dass hinter diesem kleinen Auto ganz große Ziele erreicht werden können.

Erste Ausfahrt in München: Rainer Kühlwein, Chief Production Officer bei ACM Adaptive City Mobility GmbH  im Gespräch mit VISION-Mobility-Chefredakteur Gregor Soller und ACM-Gründer und CEO Paul Leibold (v.l.) | Foto: Felix von Happen
Erste Ausfahrt in München: Rainer Kühlwein, Chief Production Officer bei ACM Adaptive City Mobility GmbH im Gespräch mit VISION-Mobility-Chefredakteur Gregor Soller und ACM-Gründer und CEO Paul Leibold (v.l.) | Foto: Felix von Happen
Redaktion (allg.)
(erschienen bei VISION mobility von Gregor Soller)

Die Ziele des ACM-Teams sind hoch: Man wolle nicht weniger als die Kosten- und Nachhaltigkeitsführerschaft im Pkw-Segment der Elektromobilität erreichen – so ähnlich formulieren ACM-Grüner Paul Leibold, ACM-Chief Production Officer Rainer Kühlwein und ACM-TCO Swagat Chopra das Ziel ihres kompakten Fahrzeugs. Ein Grundfehler der Elektromobilität ist der, dass aktuell zu gern zu starke und schwere Verbrenner durch noch stärkere und schwerere Elektroautos ersetzt werden – die auch wieder zu 95 Prozent ihrer Zeit Steh- statt Fahrzeuge sind. Bedeutet in Hinsicht auf Fahrzeugauslastung, Ressourcenschonung und Verkehrsfläche eher NULL Fortschritt.

Das ideale Fahrzeug ist kein Stehzeug

Denn das ideale Fahrzeug läuft im Idealfall 24/7, wird von mehreren Personen für mehrere Einsätze genutzt und kann genauso eine Europalette wie eine Familie transportieren. Und im Idealfall einfach per Wisch auf dem Smartphone gebucht und bezahlt werden – und der Betreiber erhält eine detaillierte Rechnung über jeden gefahrenen Kilometer – der neben Energiekosten auch Maut, Versicherung sowie Service und nötigenfalls Reparaturen beinhaltet. Abzüglich der Werbekosten, die mit einer Screen am Heck eingefahren werden. Dazu gibt es verschiedenste Auslastungs- und Ladeszenarien und und und….

Und genau hier liegt der Unterschied zwischen dem zeitlos gestalteten ACM und den vielen anderen Elektroautos. Wir treffen ACM-Gründer Paul Leibold, Rainer Kühlwein, Chief Production Officer bei ACM Adaptive City Mobility GmbH und den ACM-TCO Swagat Chopra auf einem verlassenen Bürokomplex im Münchner Norden, der genug Platz für erste Proberunden mit dem ACM City bietet. Der Vorteil des aktuell leerstehenden Bürokomplexes: In der leeren Tiefgarage kann man nach Belieben Proberunden drehen und hat Platz für die nächste Ausbaustufe des kleinen Cityflitzers im Stil eines soliden Rimowa-Koffers.

Und wie fährt sich der Prototyp, der nur aus rund 800 Teilen besteht? Wir schließen die Tür, die vergleichsweise satt ins Schloss fällt. Der Sitz lässt sich mechanisch einfach verstellen und ist für einen Kleinstwagen erstaunlich komfortabel. Wir lösen die ebenfalls mechanische(!) Handbremse und schnippen bei getretener Bremse am Wählhebel. Und der auf extrem vorsichtige Beschleunigung programmierte City setzt sich in Bewegung. Noch singt der Motor unter der Haube ungedämmt, doch hier wird in der Serie ebenso nachgesteuert wie bei den Fahrprogrammen und dem Fahrwerk. Das bietet ganz ordentlichen Komfort, wenngleich es in der Serie wegen der hohen Karosserie gern noch etwas straffer agieren dürfte. Lange Bodenwellen werden komfortabel durchfedert, nur kurze Unebenheiten reichen die Räder mal durch. Die Armaturen sind aktuell noch mit Standard-Zuliefererschaltern extrem einfach und verständlich gehalten und die Ergonomie passt.

Extrem viel Platz im Fond

Zeit, einmal in den Fond zu steigen: Der Prototyp hat nur beifahrerseitig eine Tür mit Griffen, in Serie wird das aber beidseitig der Fall sein. „Wir haben festgestellt, dass der Verzicht auf die komplette Türmimik hardwaretechnisch keine nennenswerten Ersparnisse bringt, außerdem bleiben in dem Bereich dann rechts- und Linkslenker baugleich, was wieder Kosten spart“, erklärt Kühlwein. Das Platzangebot ist jedenfalls kathedralenhaft, da die Akkus unter den Vordersitzen kauern und so einen flachen Boden ermöglichen – der zudem vergleichsweise viel Bodenfreiheit lässt. „Mit den 16-Zöllern haben wir dann 18 Zentimeter“, merkt Kühlwein stolz an und ergänzt, dass auch die Wattiefe Thema wäre und deshalb in der Serie ebenfalls noch zulegen würde. Zusatzakkus liegen vier Stück mit 48-Volt-Technik unterm Kofferraum und können im Handumdrehen getauscht werden. Weitere vier Stück kann man aufs Dach packen. Und die können grundsätzlich von jedem stammen, der 48-Volt-Wechselakku-Technik anbietet.

Das Heck kann auch per Stapler beladen werden - eine Europalette passt rein!

Auch das wegen Staplerbeladung seitlich öffnende Heckportal öffnet und schließt satt und die Rückbank lässt sich einfachst mechanisch umlegen. Dann steigt das Ladevolumen von 360 auf rund 1.400 Liter an. Genial: Die wegklappenden Kopfstützen stellen ein kleines Trenngitter auf. Aber auch hier plant man in der Serie noch professionellere Umbaumöglichkeiten, um den City wirklich vom Viersitzer zum veritablen van für eine Europalette umzubauen inklusive Trennwand nach vorn. Optional kann man bei Cargoversionen auch den Beifahrersitz weglasse oder dessen Lehne umklappen, dann hat man neben dem Fahrer gut zwei Meter Ladelänge. Wir schließen das Portal und betrachten die dort laufende Werbung: Die wird in Ländern, in denen man Fahrzeugflächen aktiv beleuchten darf, gar in OLED ausgestrahlt und sie könnte, analog zu den Taxis rund 3.000 Euro im Jahr einspielen. Den Gewinn würden sich ACM, der Betreiber und der Nutzer zu je einem Drittel teilen, sofern der Betreiber die Fläche nicht zur Bewerbung seines eigenen Sharingkonzeptes nutzen möchte.

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