Fahrbericht Kia Niro EV: Effizientes SUV zum Wohlfühlen

Im hart umkämpften Kompakt SUV – Markt will der neue Stromer der Niro Baureihe alles besser können, als sein schon sehr effizienter Vorgänger. Wir waren mit dem Niro EV ausgiebig an Italiens Küsten rund um Rapallo und Portofino unterwegs.

Die Neuauflage des Niro ist deutlich markanter als der Vorgänger.| Foto: Red-Live, Kia
Die Neuauflage des Niro ist deutlich markanter als der Vorgänger.| Foto: Red-Live, Kia
Redaktion (allg.)
(erschienen bei VISION mobility von Thomas Kanzler)

Kia hat den Elektrobestseller Niro von Grund auf entwickelt. Drei Antriebsvarianten – reine Elektroversion, Vollhybrid und Plug-in-Hybrid sind verfügbar. Wir nahmen uns den Stromer vor. Dieser war noch als Prototyp gekennzeichnet, Änderungen zur Serie kann es laut Kia noch bei einigen Oberflächen im Interieur geben.

Der Niro ist hat sich im Vergleich zum Vorgänger herausgeputzt. Das Kia-Tigergesicht erstreckt sich erstmals über die gesamte Breite. So bilden auch Motorhaube und Dachkontur Elemente des Kia – Gesichts. Das charakteristischen LED-Tagfahrlicht in Form einer „Herzschlagkurve“ findet sein Pendant in den Reflektoren am Heck.

Der Niro EV unterscheidet sich von seinen Hybrid – Brüdern durch den geschlossenen, zweifarbigen Grill und die stahlgrauen Seitenverkleidungen. Die C- Säule in stahlgrau ist nur für den EV erhältlich, kann aber auch, wie bei den Hybriden, in Wagenfarbe und in Schwarz geordert werden. Hinter den Fond-Türen strömt die Luft durch die „Aero“ - C-Säule. Die Strömung wird durch einen Hohlraum geführt und tritt neben den Bumerang-förmigen Heckleuchten wieder aus. Das soll den cw – Wert optimierten.

Der Ladeanschluss befindet sich beim EV in der Mitte der Fahrzeugfront und ist beleuchtet. Dankenswerterweise haben die Kia – Ingenieure unter der Motorhaube auch Platz für einen Frunk gefunden, das Ladekabel ist also nicht weit.

In allen Richtungen etwas gewachsen

Der neue Niro basiert auf der dritten Generation der „K“-Plattform. Diese Basis kann – im Gegensatz zur reinen E-Plattform E –GMP - sowohl Stromer als auch Verbrenner.

Mit einer Länge von 4,42 Metern, einer Breite von 1,825 m und einer Höhe von 1,545 m hat er in alle Richtungen etwas zugelegt (Länge + 65mm, Breite + 20 mm, Höhe + 10 mm). Auch der Radstand ist um 20 Millimeter auf nun 2,72 Meter gewachsen. Der zusätzliche Raum kommt sowohl den Passagieren als auch dem Gepäckabteil zugute. Zudem haben die Kia-Interieur Designer die Vordersitze neu konstruiert und konnten sie um etwa ein Drittel schlanker gestalten. Das Ergebnis ist spürbar. Im Fond ist der Platz für diese Fahrzeugklasse fürstlich.

Auch die Ladekapazität profitiert von den gewachsenen Abmessungen und der neuen Plattform. Mit 475 Litern Gepäckraum-Volumen lässt der Kia die meisten seine Mitbewerber hinter sich. Unter der Motorhaube befindet sich noch Platz für einen 20 Liter fassenden Frunk. Umgeklappt wächst das Fassungsvermögen beim EV auf 1.392 Liter. Wenn das nicht reichen sollte, darf der Stromer noch bis zu 750 Kilogramm (ungebremst 300 Kilogramm) an den Anhänger-Haken nehmen.

Einfach zu bedienen, ökologisch eingerichtet

Die Materialien sind wirklich schön gewählt. Die Oberfläche des Armaturenbrettes ist mit einem strukturierten Kunststoff bezogen, der sich auch haptisch wertig anfühlt. Dank der überarbeiteten K – Plattform ist für diese Fahrzeugklasse üppig Platz im Innenraum. Das Interieur orientiert sich am EV6. Das asymmetrisch gestaltete Armaturenbrett verfügt über zwei 10,25 Zoll Bildschirme und die ebenfalls beim EV6 bewährte, per Fingertipp umschaltbare Multi-Mode-Bedienleiste unterhalb des Touchscreens. Diese Lösung ist intuitiv und sehr einfach zu bedienen, ohne tief in Menüs eintauchen zu müssen. Das Lenkrad kennen wir ebenfalls schon vom EV6, auf Wunsch bekommt der Niro EV sogar den „Premium Relaxion“ – Beifahrersitz.

Es gehört bei Neuwagen mittlerweile zum guten Ton, auf recycelte und vegane Materialien zu setzen. Beim Niro ist der Dachhimmel aus wiederverwerteten Papierfasern, bei den Türverkleidungen wird auf die Umweltverträglichkeit der verwendeten Lacke geachtet, beim Bio-Polyurethan der Sitze finden Materialien aus Eukalyptusblättern Verwendung und die Gepäckraumabdeckung besteht zum größten Teil aus recycelten Fasern.

Entspannt, agil aber nicht sportlich

Neben Etappen auf der Autostrada waren wir auf engsten Passstraßen und Landstraßen unterwegs. Alles bei einer optimalen Wohlfühl-Temperatur von 20 – 25 Grad. Geringe Verbräuche sollten daher erzielbar sein. Die große Stärke des Vorgängers war die Effizienz. Der neue Niro EV hat vier Fahrmodi, von Eco über Normal, Sport zu einem Snow – Modus. Schon der Vorgänger ließ sich mit vorsichtigem „Gas“- Fuss zu Verbräuchen um die 15 kWh auf 100 km bewegen.

Kia gibt für das Kompakt SUV einen Stromverbrauch von 16,2 kWh auf 100 km an. Im Eco – Modus konnten wir diesen Wert unterbieten, 15,4 kWh stand nach einer Tour ins gebirgige Hinterland auf dem Display. Im Spar – Modus wirkt die Kraft des E - Motors erwartungsgemäß etwas ausgebremst. Auf Normal gestellt ist das SUV spontaner unterwegs, „Sport“ macht den Stromer noch agiler, allerdings nicht wirklich sportlich. Insgesamt ist der Niro EV eher gutmütig und neutral ausgelegt. Die noch kompakten Außenmaße waren höchst hilfreich bei der Fahrt durch engste Serpentinen. Die 150 kW Power reichen in allen Lebenslagen aus, um das kleine SUV flott voranzubringen.

Auf verschiedenen Strecken über Land, Autobahn und Stadtstraßen im Normal – Modus erzielten wir einen Verbrauch von guten 16,9 kWh, bei einer flotten Tour mit überwiegender Autobahnfahrt standen immer noch akzeptable 18,3 kWh als Verbrauch auf dem Display.

204 PS: genauso stark wie das Vorgängermodell

Der Niro EV beeindruckt durch Reichweite und Fahrleistungen. Die 150 kW (204 PS) bei 6.000 – 9.000 und das Drehmoment von 255 Nm sorgen für eine Beschleunigung auf Tempo 100 in 7,8 Sekunden. Am Antriebssystem wurde Hand angelegt: zu den Neuerungen gehören reibungsarme Kugellager, optimierte Getriebeübersetzung und der Wegfall eines mechanischen Rückwärtsganges.

Die neue Karosserie weist im Vergleich zum Vorgänger eine etwas höhere Verwindungssteifigkeit auf. Durch den erhöhten Einsatz von hochfestem Stahl konnte das Gewicht der Rohkarosserie um 20,3 Kilogramm gesenkt werden. Auch das Fahrwerk wurde modifiziert. Bei der Radaufhängung kommen vorn MacPherson Federbeine und hinten eine Vierlenkerachse zum Einsatz. Die Fahrwerksgeometrie wurde neu abgestimmt und die Reibung der Lager reduziert. All das führt zu einem im Vergleich zum Vorgänger deutlich agileren Fahrverhalten.

Durch zusätzliche Isolierungen und Dämmungen wurden die Fahrgeräusche weiter reduziert. Bei der von uns gefahrenen Elektroversion waren auf manchen italienischen Autobahnen vor allem bei etwas rauerem Asphaltbelag dennoch deutliche Abroll-Geräusche zu vernehmen.

Laden mit maximal 75 kWh

Der 64,8 kWh-Akku des Stromers lässt sich an einer 80 kW Gleichstrom Ladestation in 45 Minuten von 10 auf 80 Prozent aufladen. Der Niro EV bietet erstmals eine Batterie-Vorkonditionierung. Sobald eine Schnellladestation als Navigationsziel ausgewählt ist, sorgt das System für die optimale Temperierung des Akkus.

Mit Frontkollisionswarner, Fußgänger – und Radfahrererkennung und eine Abbiegefunktion, die auch Querverkehr erkennt, ist das Kompakt-SUV mit viel moderner Sicherheitstechnik ausgestattet. Verfügbar sind darüber hinaus je nach Ausführung unter anderem Autobahnassistent, navigationsbasierte adaptive Geschwindigkeitsregelung, Spurhalteassistent und Totwinkelassistent mit Lenk- und Bremseingriff. Müdigkeitswarner, Fernlichtassistent und Rückfahrkamera mit Parksensoren vorn und hinten komplettieren die Sicherheitsausstattung des Niro. Besonders für Taxis und Mietwagen interessant dürfte der Ausstiegsassistent sein. Er überwacht, ob die Fondpassagiere beim Öffnen der hinteren Türen ein herankommendes Fahrzeug übersehen. In dem Fall verriegelt das System automatisch die Türen und schlägt optisch wie akustisch Alarm.

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