Das Taxi wird für eine wirkliche Mobilitätswende gebraucht

Beim Kongress Taxi Driving Innovation wurde intensiv darüber diskutiert, ob man Menschen mit sanftem Zwang oder mit besseren Angeboten vom privaten Pkw abbringen kann und was das für Taxis und Mietwagen bedeuten würde.

BVTM-Geschäftsführer Michael Oppermann (2.v.l.) sieht Taxis und Mietwagen als wichtigen Beitrag zum Klimaschutz an. Hier diskutiert er mit ADAC-Mann Karsten Schulze (l.), der Wissenschaftlerin Dr. Lisa Ruhrort und Moderatorin Christina Kunkel (ganz rechts). (Foto: Dietmar Fund)
BVTM-Geschäftsführer Michael Oppermann (2.v.l.) sieht Taxis und Mietwagen als wichtigen Beitrag zum Klimaschutz an. Hier diskutiert er mit ADAC-Mann Karsten Schulze (l.), der Wissenschaftlerin Dr. Lisa Ruhrort und Moderatorin Christina Kunkel (ganz rechts). (Foto: Dietmar Fund)
Dietmar Fund

Die Nachfrage nach Mobilität und damit auch nach Taxis und Mietwagen steigt im Moment wieder. Über das neue Personenbeförderungsrecht hat an vielen Stellen ein konstruktiver Austausch mit dem Taxi- und Mietwagen-Gewerbe begonnen. Die Mobilitätswende, die schon ein Wahlkampf-Thema gewesen ist und nun in den Koalitionsverhandlungen besprochen wird, bietet Chancen für das mobile Gewerbe. Mit dieser Zwischenbilanz eröffnete Michael Oppermann, Geschäftsführer des Bundesverbandes Taxi und Mietwagen e.V., am 3. November 2021 in Berlin den nachmittäglichen Kongress Taxi Driving Innovation. Unterstützt von der Deutschen Telekom widmete sich die Veranstaltung dem Thema „Daseinsvorsorge im digitalen Zeitalter“. Moderiert von der Journalistin Christina Kunkel von der Süddeutschen Zeitung wurde dieses Thema in vier Sessions behandelt.

Die erste widmete sich der Elektrifizierung der Taxi-Flotte. Thomas Sell von der Deutschen Telekom ging dazu auf das Hamburger Projekt Zukunftstaxi ein und bezeichnete die dortige enge Zusammenarbeit von 30 Partnern in einem Team als Erfolgsrezept. Entscheidend sei vor allem, die Verwaltung mit einzubinden. Digital zugeschaltet wurde dazu anschließend Dr. Anjes Tjarks, der Hamburger Senator für Verkehr und Mobilitätswende. Er betonte, die rund 2.800 Taxis in Hamburg, die jährlich im Durchschnitt bis zu 75.000 Kilometer zurücklegten, hätten bei einer Elektrifizierung ein wesentlich höheres Kohlendioxid-Einsparpotenzial als private Pkw. Tjarks kündigte an, wenn die geförderten elektrischen Taxis und Inklusionstaxis alle in Betrieb seien, werde man ebenfalls in enger Zusammenarbeit mit dem Taxi-Gewerbe darüber nachdenken, wie man die Elektrifizierung ab einem bestimmten Zeitpunkt mit der Konzessionierung verknüpfen könne.

BVTM-Vorstand Gregor Beiner stellte den Bundesfahrplan für die Elektrifizierung der Taxiflotte vor (über den taxi heute in der Ausgabe 11/2021 berichtet hat) und betonte das hohe Einsparpotenzial von 675.000 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr, das im Vergleich zu den 146 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Ausstoß im gesamten Verkehrsbereich 2020 ein elementarer Einsparungsbeitrag sei. BVTM-Geschäftsführer Oppermann ergänzte dazu später, die im Bundesfahrplan vorgesehene degressive Förderung aus einem Fördertopf mit 93 Millionen Euro von 2023 bis 2030 sei leicht finanzierbar, wenn man nur die Mittel für die unsinnige Förderung der Plug-in-Hybride streiche.

Nach einem Exkurs in die Krankenfahrten drehten sich die Sessions 3 und 4 wieder um die Mobilitätswende. Im Panel zur Vernetzung von Bus, Bahn und Taxi betonte Dr. Jan Schilling vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen den Willen der Verkehrsbetriebe zum Schulterschluss mit dem Taxi- und Mietwagengewerbe. Hinsichtlich der Förderung von On-Demand-Verkehren, die momentan vielerorts meist ohne Beteiligung des mobilen Gewerbes erprobt werden, bekam er sich aber mit dem BVTM-Präsidenten Herwig Kollar leicht in die Wolle und wollte mit einem Hinweis Frieden stiften: „Wenn dieser Markt größer wird, haben wir beide etwas davon“.

Kollar erklärte, die Politik sage nicht ehrlich, dass sich das Mobilitätsverhalten in den nächsten Jahren wegen des Klimaschutzes drastisch ändern müsse. Man müsse zum Beispiel „durch sanften Zwang“ Bürgerinnen und Bürger vom eigenen Pkw abbringen. Das sah der VDV-Mann als falsch an. Er sagte, erst müsse ein attraktiveres Angebot da sein. Die Leute würde ihr Mobilitätsverhalten nicht ändern, wenn man ihre Mobilität nur einschränke.

In der abschließenden vierten Session erklärte Dr. Lisa Ruhrort vom Wissenschaftszentrum Berlin, sie befürchte, dass sich die neue Bundesregierung nicht an eine wirkliche Verkehrswende herantraue. „Für den Klimaschutz bräuchte es mehr, als nur den Pkw-Bestand auf Elektroantriebe umzurüsten“, sagte sie. „Die immer wieder angesprochenen E-Fuels sind so ineffizient, dass man für ihre klimaneutrale Erzeugung noch viel mehr erneuerbare Energien bereitstellen müsste als für Batteriefahrzeuge.“

BVTM-Geschäftsführer Oppermann sagte dazu, es werde viel zu viel über Stückzahlen und den Besitz von Pkw gesprochen und nicht über die tatsächliche Nutzung der Fahrzeuge. Zweitwagen, die nur einmal pro Woche für eine kurze Strecke genutzt werden, würden genauso gefördert wie intensiv genutzte Elektrotaxis. Die damit verbundenen Auswirkungen auf das Klima würden nicht berücksichtigt. Seine Schlussanmerkung: Wegen der Klimaschutzziele müsse das Mobilitätssystem verändert werden. Man müsse an neue Möglichkeiten, sich zu bewegen, denken. Da könnten Taxis und Mietwagen ein Schlüssel zum Erfolg sein.

Einen ausführlichen Bericht über die Veranstaltung, der auch auf das Thema Krankenfahrten eingeht, lesen Sie in der Dezember-Ausgabe von taxi heute.

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