Taxi-Chefs sollten Abgeordnete und Behörden ansprechen

Bei der Tagung in Nürnberg rieten ein Gast und der Gastgeber 
den Unternehmern, zu den Eckpunkten einer PBefG-Novelle in ihrer Region Stellung zu nehmen.

Die Wandzeichnung hinter dem Schulungszentrum passte mit dem angriffslustigen Löwen zu dem Elan, mit dem die Mehrwagenunternehmer gegen die Pläne des Bundesverkehrsministeriums vorgehen möchten. Bild: Dietmar Fund
Die Wandzeichnung hinter dem Schulungszentrum passte mit dem angriffslustigen Löwen zu dem Elan, mit dem die Mehrwagenunternehmer gegen die Pläne des Bundesverkehrsministeriums vorgehen möchten. Bild: Dietmar Fund
Dietmar Fund
Taxi-Erfa-Gruppe

Die für die 40. Kalenderwoche vorgesehene Vorlage des Referentenentwurfs für eine Novelle des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) im Bundeskabinett wurde wegen der Anhörung des Bundesverkehrsministers zur Maut-Affäre kurzfristig verschoben. Der Entwurf ist zwar fertig, aber bisher noch nicht bekannt. Daher lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, ob er den für das Taxigewerbe teilweise folgenschweren Empfehlungen des Eckpunktepapiers der Findungskommission folgt, die ihre Arbeit am 19. Juni 2020 beendet hat. Das berichtete Michael Müller, Präsident des Bundesverbandes Taxi und Mietwagen, am 3. Oktober 2020 den rund 30 Mehrwagenunternehmern, die sich im Schulungszentrum der Taxi-Zentrale Nürnberg eG zur Tagung der Taxi-Erfa-Gruppe versammelt hatten. Trotzdem forderte er Taxi- und Mietwagenunternehmer dazu auf, schon jetzt die Bundestagsabgeordneten in ihrer Region auf die Konsequenzen aufmerksam zu machen, die eine Umsetzung des Eckpunktepapiers hätte. Wenige Tage später, am 8. Oktober, wurde dann der Referentenentwurf bekannt, auf den die Verbände und ihre Mitglieder jetzt reagieren müssen.

Der Gastgeber des Erfahrungsaustauschs der Mehrwagenunternehmer aus ganz Deutschland war Christian Linz. Der Geschäftsführer der Nürnberger Die Taxiprofis GmbH ist eines der Gründungsmitglieder der Gruppe und seit diesem Frühjahr Vorstand der Nürnberger Zentrale. Außerdem ist er Geschäftsführer des Landesverbandes Bayerischer Taxi- und Mietwagenunternehmer. Linz schilderte seine guten Erfahrungen bei der Ansprache von Bundestagsabgeordneten in seiner Region im Rahmen der Aktion „Scheuerwehr“ im Jahr 2019. Er riet den Kolleginnen und Kollegen unbedingt dazu, auch einen guten Kontakt zu ihrer Genehmigungsbehörde zu halten und dort die Interessen ihres Gewerbes zu vertreten. „Ihr müsst Eure Lokalpolitiker und Verkehrsreferenten ansprechen, auch wenn man denen viel erklären muss“, schärfte Linz seinen Gästen ein. „Den Politikern ist es nämlich wichtig, dass zu ihnen Leute aus der Praxis kommen und nicht Funktionäre, die bei ihnen als Lobbyisten gelten.“

Wie die Gäste Michael Müller und Michael Oppermann, Geschäftsführer des Bundesverbandes, in ihren Vorträgen zum Eckpunktepapier anmerkten, lassen selbst Fachpolitiker bisweilen in Sachen Personenbeförderungsrecht Wissenslücken erkennen. Selbst sie seien in der Sache oft nicht praxisnah. Im Übrigen werde die Botschaft, dass das kleinteilige mobile Gewerbe 
die Mobilitätsversorgung viel besser aufrechterhalten könne als große Konzerne, politisch vor allem von Bundestagsabgeordneten in ländlichen Regionen besser wahrgenommen.

Oppermann hatte in seinem Vortrag zum Eckpunktepapier elf wesentliche Punkte aufgeführt. Als die besonders kritischen „Top 3“ führte er zum ersten die Einführung eines Preiskorridors ohne festen Tarif als Rückfallebene, zum zweiten die zwar beibehaltene, aber unzureichend definierte Rückkehrpflicht für Mietwagen und zum dritten das private Pooling ohne Betriebs- und Rückkehrpflicht an. Bei der Rückkehrpflicht bleibe abzuwarten, ob die Kommunen auch nur Parkplätze zulassen könnten oder ein weiterer Betriebssitz beispielsweise mit Sozialräumen gefordert werde. Privates Pooling ohne Vorgaben für das Bediengebiet brächte nur eine höhere Angebotskonzentration auf Innenstädte und keine Verbesserung im ländlichen Raum, sagte Michael Müller.

Seine eigenen Positionen habe das Gewerbe über die klare Definition der genehmigungsfreien Mitnahme, beim kleinen Fachkundenachweis und mit Einschränkungen bei der Genehmigungspflicht für die digitale Vermittlung wiedergefunden. Die Beibehaltung der Ortskundeprüfung sei politisch kaum zu halten. Gegen die Forderung vor allem der Grünen nach Inklusionstaxis könne man politisch schwer argumentieren, denn sie biete dem mobilen Gewerbe angesichts der alternden Bevölkerung sogar neue Chancen. Michael Oppermann versprach, der Bundesverband werde seinen 55 Mitgliedern Argumentationshilfen für ihre Besuche bei Entscheidungsträgern zur Verfügung zu stellen.

Trotz der Austritte ist sich das Taxigewerbe politisch einig

Nachdem der Bundes-Geschäftsführer kritisch angemerkt hatte, die Austritte dreier Landesverbände zum Jahreswechsel würden von der Politik als Uneinigkeit wahrgenommen, betonte Michael Müller in seiner Eigenschaft als Vertreter des austretenden Gesamtverbandes des Verkehrsgewerbes Niedersachsen (GVN), in Sachen PBefG-Novelle gebe es weiterhin einen klaren Schulterschluss des ganzen Gewerbes. Das bekräftigte auch Gastgeber Christian Linz als Geschäftsführer des bayerischen Landesverbands. Die Fachvereinigung Personenverkehr Nordrhein - Taxi und Mietwagen e.V. als dritter aussteigender Landesverband war in Nürnberg nicht vertreten.

Die beiden Gäste aus Berlin ließen durchblicken, dass es dem Bundesverband sehr gelegen käme, wenn sich die Vorlage des Referentenentwurfs und das Gesetzgebungsverfahren verzögern und damit näher an die Bundestagswahl 2021 heranrücken würden. Sie sagten klar, über welche Parteien und deren Hauptanliegen sie den Hebel ansetzen möchten. „Ich bin vorsichtig optimistisch, dass die PbefG-Novelle in die nächste Legislaturperiode verschoben werden könnte“, erklärte Michael Müller.

Die beiden Vertreter des Bundesverbandes verfolgten die ganze Tagung mit. Wie Michael Müller schon am Anfang erklärte, erhofft er sich von den steuerehrlich arbeitenden Betrieben der Taxi-Erfa-Gruppe Betriebsdaten, mit denen er in der aktuellen Situation politisch besser für eine angemessenere Form von Überbrückungshilfen argumentieren kann als mit reinen Vermittlungszahlen. Die könnten ja wegen vieler Kurzfahrten noch relativ positiv ausfallen, obwohl viele längere Fahrten im Geschäftskundenbereich weggefallen seien und sich beim Umsatz stärker auswirken würden. In dieser Hinsicht konnte ihm Christian Linz als Vorstand der Taxi-Zentrale Nürnberg e.G. zwar auch nicht weiterhelfen, aber er will die betrieblichen Daten seines Taxiunternehmens zur Verfügung stellen. Linz und sein Vorstandskollege Reinhold Gast zeigten, dass die Vermittlungen von Mitte Februar bis Mai 2020 wegen des Wegfalls von Geschäftskunden und der Touristik auf nur noch 
38 Prozent des Vorjahres-Volumens gefallen sind. Darauf haben sie mit der Fifty-Fifty-Regelung reagiert, nach der sich im täglichen Wechsel nur Taxis mit gerader beziehungsweise ungerader Ordnungsnummer bereithalten durften. Diese Regelung wurde bei einer Mitgliederbefragung mit deutlicher Mehrheit bestätigt. Seit Mai ist die Zahl der Vermittlungen wieder stetig gestiegen, aber im August und September lag sie nur auf dem Niveau von 70 Prozent gemessen am Vorjahr. Die komplett weggefallenen Einsteiger, die Reinhold Gast auf 10 bis 15 Prozent des Umsatzes schätzt, seien in dieser Bilanz aber nicht erfasst, ergänzte Linz.

Der Initiator sucht
jetzt neue Antreiber

Der Gastgeber brachte noch einige Erfahrungen ein, die er bei seiner „Taxiprofis GmbH“ gemacht hat, doch am Schluss erklärte er, bei künftigen Treffen der Taxi-Erfa-Gruppe sollten wieder mehr betriebliche Erfahrungen und Tipps ausgetauscht werden. Christian Linz möchte sich aufgrund seiner hohen Belastung durch die neuen Funktionen in der Taxi-Zentrale Nürnberg eG und im Landesverband aus der Organisation der Treffen zurückziehen. Das ist ihm dieses Mal noch nicht geglückt, wohl aber die Festlegung des nächsten Treffens. Es soll am 
13. Februar 2021 im Taxi Center Ostbahnhof in München stattfinden. Dorthin laden die neuen Geschäftsführer Ünan Kücüksahin und Deniz Köse Interessierte schon am Vortag zu einer Betriebsbesichtigung ein. Sie haben den bekannten Betrieb von Peter Köhl übernommen. Inhaltlich soll es dort vor allem um die PBefG-Novelle und den Umgang mit Uber und anderen Plattformanbietern gehen. Die Tagungsräume stellt die Taxi München eG bereit, wie Vorstand Thomas Kroker versprach. df

Randnotizen

Die Zwillinge Jessica Rose und Natalie Priller waren neu dabei. Ihr Dreiflüssestadt-Taxi hat mit dem Betrieb ihrer Mutter acht Taxis. Neben vier Toyota Prius und einem Toyota Camry Hybrid setzt die Familie seit rund drei Jahren als erster Betrieb in der Stadt auch drei Ford Grand Tourneo Connect als Rollstuhltaxis ein. Für die hat sich das Familienunternehmen mit Hilfe der Industrie- und Handelskammer und gegen den Willen der örtlichen Taxizentrale einen Zuschlag von fünf Euro im Tarif erkämpft.

Die zweiten Neulinge waren 
die Brüder Ralph und Peter Goosens, die ihren Betrieb in Düsseldorf 2010 gegründet haben. Sie setzen 34 E-Klasse-Taxis ein, die alle mit Sitzkontakten und einem nach dem Insika-Verfahren arbeitenden Taxameter mit Zwangseinschaltung ausgestattet sind. „Insika ohne Sitzkontakte und Zwangseinschaltung ist wie eine Gefängniszelle ohne Schloss“, erklärte Ralph Goosens dazu lapidar.

Die Taxi-Zentrale Nürnberg eG stellt der Taxi-Erfa-Gruppe ein Hygienekonzept für ihre Zentralen zur Verfügung. Rose Ammi aus der Geschäftsleitung der Taxi Klima GmbH in Paderborn bot daraufhin an, ein auf sechs Seiten dokumentiertes Hygienekonzept für Taxis zur Verfügung zu stellen. Laut dem Gastgeber Christian Linz kommen dazu immer wieder Anfragen von öffentlicher Seite.

Der Garbsener Unternehmer Lars Bittner erklärte der Gruppe, er habe in Abstimmung mit Arbeitsrechtlern ein legales Entlohnungsmodell entwickelt, mit dem 450-Euro-Aushilfen, die nur am Wochenende arbeiteten, rund 900 Euro netto verdienen könnten. Der Mindestlohn sei dabei gewährleistet. Mit zwei Partnern habe er eine Coachingfirma gegründet, die das Modell den Mitgliedern der Taxi-Erfa-Gruppe zum Sonderpreis anbiete. Das gefiel dem Gastgeber weniger, denn der Austausch von Tipps innerhalb der Gruppe war bisher immer kostenlos und beruhte auf Gegenseitigkeit.

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Seite 11 bis 13 | Rubrik Gewerbepolitik
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