Thema des Monats

Flughafengebühren in Hamburg – Chance oder Geißelung?

Thema des Monats April 2006

Hamburg folgt einem bundesweitem Trend: Seit kurzem werden auch für den Taxispeicher am Flughafen Gebühren verlangt. Zutritt erhält nur, wer die neu definierten Verhaltensregeln erfüllt. „Qualitätsoffensive“ nennen das die einen, „Abzocke“ die anderen. Wer sein Taxi künftig am Hamburger Flughafen bereitstellen will, benötigt dazu eine Zufahrtsberechtigung „Taxi“. Diese wird von der Hamburger Flughafengesellschaft FHG ausgestellt. Dafür ist ein einmaliges Entgelt von 8,80 Euro netto zu bezahlen. Für jede Einfahrt zum Taxispeicher wird darüber hinaus ein vorgangsbezogenes Nutzungsentgelt von 50 Cent fällig. Anders als bei bisherigen Regelungen an Großflughäfen wie München, Frankfurt oder Köln /Bonn übernimmt in Hamburg die FHG selbst die Organisation und Überwachung des Taxiverkehrs. Dazu zählt auch die Kontrolle der vertraglich festgelegten Qualitätskriterien. An denen wiederum scheiden sich die Geister.

Die Taxiverbände LPVG und Taxenunion haben an der Ausarbeitung maßgeblich mitgewirkt und sind dementsprechend damit einverstanden. Der LHT dagegen übt massive Kritik und solidarisiert sich mit den Taxiunternehmern und Fahrern, die durch Streiks und Blockadeaktionen die neuen Zugangsbeschränkungen verhindern wollen. Die LHT-Vorsitzende Anne Taraske bezeichnete die Qualitätsanforderungen als völlig überzogen. So müssten Hamburger Taxifahrer jetzt englisch sprechen können, wo doch nicht mal ein ehemaliger Bundeskanzler englisch konnte. Auch die Pflicht, das Gepäck bis an die Haustür zu tragen, sei zu hart, da viele Kollegen nach vielen Berufsjahren hinterm Steuer massive Bandscheibenprobleme hätten. Protest kommt auch aus der Unternehmerschaft: Ein Hamburger Taxiunternehmen hat beim zuständigen Verwaltungsgericht einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Da die vom Taxibetrieb eingesetzten Fahrer keine Englischkenntnisse vorweisen könnten, falle durch den Ausschluss vom Zugang des Flughafens ein beachtlicher Teil des Umsatzes weg. Das Unternehmen gerate dadurch insgesamt in wirtschaftliche Gefahr.

Diesen Argumenten widersprechen Alexander Lux vom LPVG und Jürgen Kruse von der Taxenunion. In Kürze werde man einen Grundkurs Englisch anbieten, der genau die berufsspezifischen Anforderungen an einen Flughafen-Taxifahrer abdeckt. Jürgen Kruse hält nicht nur deshalb das Hamburger Modell für einzigartig. Auch durch die Tatsache, dass die FHG die Einhaltung der Qualitätsanforderungen selbst kontrolliert und überwacht, sei positiv. Eine gewerbeexterne Gesellschaft muss bei Sanktionen gegen schwarze Schafe am Flughafen keine Rücksicht auf wirtschaftliche oder gar persönliche Interessen nehmen, wie sie vielleicht ein Taxiverband hat, der keine Mitglieder verlieren oder gar als Vorstand wiedergewählt werden will.

Das wiederum heißt aber nicht, dass willkürliche Bestrafungen auf der Tagesordnung stehen. Ein Beirat mit Vertretern der FHG, der zuständigen Taxibehörde BSU und aus Taxiverbänden sowie Zentralen schlichtet Streitigkeiten zwischen FHG und Taxiunternehmern und segnet drastische Sanktionen wie beispielsweise eine Vertragsauflösung mehrheitlich ab. Darüber hinaus kontrolliert der Beirat, dass die erhobenen Gebühren weiterhin zur Kostendeckung dienen und nicht zur wirtschaftlichen Bereicherung der FHG, wie vom LHT vorgeworfen.

Laut Hamburger Taxenordnung kann ein Betreiber, der auf einem Privatgrund Halteplätze für Taxis zur Verfügung stellt, eigene Regeln aufstellen. Die Einrichtung des Beirats beweise laut Alexander Lux den guten Willen der FHG, in der Taxiqualitätsfrage am Flughafen mit der Branche und den Behörden eng und offen zusammenzuarbeiten.

Der Erfolg scheint dem Recht zu geben: Seit Einführung des neuen Konzepts, das von der FHG auch aktiv beworben wird, ist die Tourenzahl von täglich 1.900 auf 2.500 gestiegen. Auch die Durchlaufzeiten sind deutlich zurückgegangen.

Stellt sich dieser Erfolg langfristig ein, wäre die Hamburger Flughafenregelung tatsächlich etwas Einzigartiges. Dann bräuchte man nur noch eine Lösung, wie sich eine ähnliche Qualitätsoffensive auch für die Halteplätze im Stadtgebiet definieren und kontrollieren lässt.

(jh)
Dieser Block ist defekt oder fehlt. Eventuell fehlt Inhalt oder das ursprüngliche Modul muss aktiviert werden.