Thema des Monats

Es droht der totale Gesichtsverlust

Thema des Monats März 2007

Schauplatz München. Die Geisterfahrer-Affäre um Hans Meißner entwickelt sich immer mehr zu einer Provinzposse. Hans Meißner und seine Gegner bekämpfen sich auf erbärmlichen Niveau und machen dabei einen entscheidenden Fehler: Beide Seiten führen eine reine Personaldebatte - die Tatsachen rücken immer mehr in den Hintergrund. Deshalb droht der totale Gesichtsverlust – vor allen Dingen dann, wenn Herr Meißner weiterhin im Amt bleibt.

Dezember 2006: In einer Adventssatire hinterfragt die Online-Redaktion der taxi heute, inwieweit ein Taxigewerbe noch glaubhaft ist, dessen Vorsitzender wegen Beihilfe zum Betrug rechtskräftig zu 210 Tagessätzen verurteilt wird, damit vorbestraft ist und trotzdem unbehelligt weiterhin seine Amtsgeschäfte betreiben kann.

Januar 2007: Es stellt sich heraus, dass fast niemand etwas vom Ausgang des Strafverfahrens gegen die Taxi München eG und dessen Vorstand Hans Meißner wusste. Weder in München der Aufsichtsrat noch bundesweit große Teile der Mitglieder des BZP. Mitte Januar folgt die Konsequenz: Der Münchner Aufsichtsrat beurlaubt Hans Meißner von seinen Münchner Vorstandsposten, der BZP lädt zu einer außerordentlichen Generalversammlung ein, verspricht dort lückenlose Aufklärung und stellt eine Abstimmung in Aussicht.

Februar 2007: Hans Meißner erklärt seinen Rücktritt als BZP-Präsident zum 16. April 2007. Auf der Leipziger Frühjahrstagung soll die Erklärung für diesen Schritt folgen. Die anberaumte außerordentliche Versammlung wird wieder abgesagt.
In München wird derweil vom verbliebenen Vorstand eine außerordentliche Mitgliederversammlung für den 13. März angesetzt. Dort sollen die Münchner Genossen über Hans Meißner abstimmen. Trotz Beurlaubung wird Hans Meißner als Chefredakteur der genossenschaftseigenen Zeitschrift "engagiert". Das Ende Februar erscheinende Organ mutiert zum propagandistischen Wahlkampfblatt.
Darin wird klar: Hans Meißner zeigt keine Reue und appelliert an seine Mitglieder, ihn wieder in sein Amt zu wählen. Die Debatte konzentriert sich voll und ganz auf die Person Hans Meißner, sachliche Themen werden unter den Teppich gekehrt. Ein Vorwurf, den man allerdings auch der Gegenseite machen muss. Vor allem Teile des Aufsichtsrates hielten es für ausreichend, nur die verhasste Person Meißner abzusetzen, ohne allerdings schlüssige Konzepte zu präsentieren, wer und in welcher Funktion diesen Posten übernehmen soll.

Damit verkommt die Diskussion zu einer reinen Personaldebatte, die nicht nur für alle Beteiligten den Gesichtsverlust bedeutet, sondern auch Behörden und Institutionen in die Zwickmühle bringt.

Gesichtsverlust in der Öffentlichkeit:

Münchens Presse hat sich längst auf Hans Meißner eingeschossen. Der frisch erschienene Taxi-Kurier der Genossenschaft verstärkt das Bild, das in der Berichterstattung der Journalisten gezeichnet wurde. Der Münchner Taxi-Boss schlägt und prügelt weiterhin auf alles ein, was gegen ihn ist. Ohne Rücksicht auf Sachlichkeit oder Glaubwürdigkeit. Im Falle einer Rückwahl Hans Meißners dürfte die Berichterstattung nicht gerade glimpflich ausfallen.

Gesichtsverlust gegenüber den Steuerfahndern:

Letztlich geht es um die Tatsache, dass der Name Hans Meißner durch den ergangenen Strafbefehl für immer mit dem Makel des Sozialversicherungsbetrug behaftet sein wird. Sozialversicherungsbetrug ist kein Kavaliersdelikt, das wohltätige Züge annimmt, weil man schließlich „nur verdienten Mitarbeitern helfen wollte“. Sozialversicherungsbetrug ist der Vorwurf, mit dem das Gewerbe seit Jahren bundesweit zu kämpfen hat. Sozialversicherungsbetrug wurde für viele Taxiunternehmer zum einzigen Ausweg, um die durch gewerbepolitische Fehler und gesetzliche Wettbewerbsbeschränkungen hervorgerufene Misswirtschaft aufzufangen. Sozialversicherungsbetrug war und ist der Hemmschuh für kompetent und ehrlich wirtschaftende Taxiunternehmer, sich gegen unlautere Wettbewerber durchzusetzen versuchen. Sozialversicherungsbetrug ist bis heute noch ein in manchen Betrieben verwendetes Mittel, um sozialversicherungsunwillige Mitarbeiter bei der Stange bzw. am Lenkrad zu halten.

Gerade in München kam die Zollbehörde dem damals größten Taxiunternehmer auf die Schliche. Die Höhe der Unterschlagungen ging in die Millionen, der Unternehmer sitzt im Gefängnis. Das Finanzamt und die Deutsche Rentenversicherung glauben seitdem, die wahren Zahlen zu kennen. Nahezu ungeprüft und pauschalisiert unterstellt man vielen Unternehmern in München, falsch abgerechnet zu haben und „bescheidet“ Lohn- und Betriebsprüfungen mit existenzvernichtenden Nachzahlungsforderungen. Dabei haben längst große Teile des Münchner Gewerbes ein öffentliches und glaubwürdiges „Bekenntnis zur Weißwirtschaft“ abgelegt. Nur von der Gewerbespitze fehlt der absolute Wille zur steuermoralischen Umkehr. Ein Teilnehmer des Internet-Forums der taxi heute meint, man solle Herrn Meißner nicht verurteilen, solange man selbst im Glashaus sitzt. Heißt das im Umkehrschluss, dass alle, die ihm am 13. März (Termin wurde zwischenzeitlich verschoben) seine Stimme geben, im Glashaus des Sozialversicherungsbetrugs sitzen? Die Steuerfahnder werden das ganz genau verfolgen. Steigt die nächste Großrazzia in München?

Gesichtsverlust im Landesverband:

Beurlaubung in München, Rücktritt im Bundesverband. Keinerlei Konsequenzen zeigt die Affäre bisher beim Landesverband bayerischer Taxi- und Mietwagenunternehmer. Dort ist Herr Meißner weiterhin Vorstand. Auch nach der Abstimmung? Welchen Nutzen hat ein Vertreter eines Gewerbes noch, der illegal arbeitende Wohlfahrtsorganisationen attackieren muss? Gibt es einen Unterschied zwischen Steuerhinterziehung wegen vorgetäuschter Gemeinnützigkeit und Steuerhinterziehung wegen falscher Lohnabrechnungen?

Zwickmühle der Genehmigungsbehörde:

Wer Steuern hinterzieht und damit vorbestraft ist, gilt als persönlich nicht mehr zuverlässig. Müsste die Münchner Genehmigungsbehörde die Konzession des Herrn Meißner demzufolge einziehen? Dazu das offizielle Statement der Pressestelle:
„Selbstverständlich nehmen wir solche Vorfälle grundsätzlich zum Anlass, die Situation zu bewerten. Auch im konkreten Fall prüfen wir natürlich intensiv mögliche Maßnahmen und werden dann zu einer Entscheidung gelangen.“

Wann ist "DANN"?

Diese Zeitverzögerungstaktik der Behörde ist verständlich: Soll man die Genehmigung nach bisheriger Rechtsauslegung verweigern und sich damit in gewerbliche Streitereien einmischen? Oder die Genehmigung verlängern und so die behördliche Neutralität aufs Spiel setzen? Auch wenn man es nur hinter vorgehaltener Hand zugibt: In dieser Zwickmühle steckt man als Genehmigungsbehörde nicht sehr gerne.

Zwickmühle der IHK:

Ähnlich denkt auch die IHK für München und Oberbayern. Hans Meißner ist Mitglied der IHK-Vollversammlung, gewählt vor einem Jahr von vielen Taxiunternehmern. Zu einem Zeitpunkt, als das Untersuchungsverfahren gegen die Taxi München eG noch nicht abgeschlossen war. Hält sich die Unternehmervertretung IHK neutral zurück und ignoriert damit Strafbefehl und Status des Angeklagten? Die Statuten sehen jedenfalls für vorbestrafte Mitglieder keinen Ausschluss vor.

Es droht also tatsächlich der totale Gesichtsverlust, festzumachen aufgrund der vielen Posten an einer Person.
Wer allerdings so omnipräsent ist, muss wissen, dass man sich keinen Fehler in der Öffentlichkeit erlauben kann. Wenn doch, muss man die Konsequenzen ziehen. All diese Fakten nur wegen des persönlichen Machterhalts aufs Spiel zu setzen, zeugt von wenig Souveränität.

Kommentar von Jürgen Hartmann

(jh)
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